Militärgerichtshöfe in den USA

Ashcrofts Durchmarsch

Wer sich von der Anhörung des Justizministers John Ashcroft vor dem Justizausschuss des US-Senats die Auferstehung der parlamentarischen Opposition erwartet hatte, wurde am vergangenen Donnerstag bitter enttäuscht. Kein Vorwurf an den Attorney General, er hat seine Sache sehr gut gemacht und die radikalen Eingriffe der Regierung in zentrale Freiheitsrechte verteidigt. Militärgerichtshöfe für Ausländer, die als Terroristen verdächtigt werden, unbefristete Inhaftierungen ohne Anklageerhebung, Überwachung der Kommunikation zwischen Angeklagten und ihren Anwälten - das alles wurde per Regierungsbeschluss und unter dem Etikett der Terrorismusbekämpfung eingeführt.

Man könnte meinen, das hätte für einige pointierte und medienwirksame Attacken auf den Justizminister ausgereicht. Aber offenbar war man noch zu sehr mit dem Thema Milzbrand beschäftigt oder schlicht desinteressiert. Anders lässt sich kaum erklären, dass auch die härtesten Einlassungen Ashcrofts mehr oder weniger unwidersprochen blieben. Ein Beispiel aus der Eröffnungsansprache des Justizministers an den Ausschuss: »Ihre Taktiken helfen nur den Terroristen - denn sie erodieren unsere nationale Einheit und vermindern unsere Entschlossenheit. (...) Sie bringen Menschen, die guten Willens sind, dazu, angesichts des Bösen zu schweigen.« Kritik als Risiko für die nationale Sicherheit, in diesem Satz ist das Selbstverständnis der Bush-Administration enthalten: die Identität von Regierung, Nation und Gesellschaft.

Der brisanteste Diskussionspunkt waren die vom Präsidenten als Oberbefehlshaber der Streitkräfte ins Leben gerufenen Militärgerichtshöfe. In Zukunft sollen Prozesse gegen unter Terrorismusverdacht stehende Ausländer vor einer dreiköpfigen Militärjury verhandelt werden, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wenn die Beweisführung »Staatsgeheimnisse« offenbaren könnte.

Die Zulassung von Beweisen ist in Militärgerichtsverfahren viel leichter als in ordentlichen Prozessen. Die einfache Mehrheit der Jury reicht aus, um Angeklagte zum Tode zu verurteilen, bei Geschworenengerichten muss der Schuldspruch der zwölfköpfigen Jury einstimmig sein. Berufungsmöglichkeiten gibt es nicht, einzig der Präsident kann einen Verurteilten begnadigen. Hier konnten die Demokraten ein wenig an Boden gut machen, indem sie auf das im vierten Verfassungszusatz verbriefte Recht auf einen fairen, öffentlichen Prozess verwiesen. Im Detail konnte Ashcroft die Angriffe jedoch parieren. Das Büro des Präsidenten arbeite gerade gemeinsam mit dem Pentagon an den Richtlinien für die Militärgerichtshöfe. Mit anderen Worten: Ihr fragt den Falschen.

Der Rechtsanwalt und Autor Alan Dershowitz schrieb im New Yorker Magazin Village Voice: »Die wirkliche Gefahr liegt darin, dass viele Amerikaner unserem verfassungsgemäßen Rechtssystem schon immer misstraut haben. Sie bevorzugen ein strafferes System mit weniger Kontrollen und weniger Freisprüchen. Sie vertrauen darauf, dass die Regierung nur die Schuldigen vor Gericht bringt.« Dershowitz hat mit seiner Einschätzung der Stimmung in der Öffentlichkeit Recht. Und darin könnte ein Grund für die extreme Zurückhaltung der Demokraten im Rechtsausschuss liegen. Abgesehen von einer liberalen Minderheit, steht das Volk an der Seite der Regierung.