Flüchtlingsproteste in Australien

Howards Trick

Die konservative australische Regierung kann aufatmen. »Die Afghanen haben ihren Hungerstreik beendet«, verkündete Ray Funnell, der Leiter der von der Regierung entsandten Verhandlungsdelegation, am Mittwoch der vergangenen Woche. Bis zu 400 zumeist afghanische Flüchtlinge hatten im australischen Woomera 16 Tage lang mit einem Hungerstreik gegen die Verhältnisse im Flüchtlingslager und die teils jahrelangen Asylverfahren protestiert.

Der Hungerstreik hatte internationale Aufmerksamkeit erregt, nachdem sich einige Flüchtlinge die Lippen zusammengenäht und mit Selbstmord gedroht hatten. Woomera ist eines von sechs Lagern, in denen die australische Regierung Asylsuchende bis zum Abschluss ihrer Verfahren einsperrt. Das Lager liegt isoliert in einer wüstenartigen Gegend. Elektrozäune, Stacheldraht und Videokameras lassen die ehemalige Raketenbasis eher als einen Hochsicherheitstrakt denn als Flüchtlingslager erscheinen. Australien nimmt als einziges Land ankommende Flüchtlinge in »obligatorische Haft«.

Vorerst scheint der Hungerstreik erfolglos geblieben zu sein. Offensichtlich hat die Regierung einen Trick angewandt, um die Flüchtlinge zur Aufgabe zu bewegen. Der Flüchtlingsanwalt Rob McDonald berichtete ABC Radio, dass der private Sicherheitsdienst Australian Correctional Management (ACM), der die Lager betreibt, »gleichzeitig die verschiedenen Bereiche betrat, in denen die Flüchtlinge streikten, um ihnen mitzuteilen, dass die jeweils anderen Bereiche den Streik aufgegeben hätten«. Völlig ungeklärt ist die Situation in den anderen Lagern für Flüchtlinge, die aus Solidarität ebenfalls Hungerstreiks begonnen hatten.

Die von John Howard geführte Regierung rückt trotz internationaler Kritik nicht von ihrer restriktiven Flüchtlingspolitik ab. Der als Hardliner berüchtigte Immigrationsminister Philip Ruddock verkündete schon vor Wochen: »Wem die Bedingungen hier nicht passen, der soll so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren.« Für die afghanischen Flüchtlinge könnte dies bald zur Realität werden, denn am vergangenen Donnerstag traf sich Howard am Rande des Weltwirtschaftsforums in New York mit Hamid Karzai, dem Premierminister der afghanischen Interimsregierung, und einigte sich mit ihm über die Rückführung der Flüchtlinge. Trotz anhaltender Kämpfe meint Immigrationsminister Philipp Ruddock, dass »es keinen Grund gibt, warum die Flüchtlinge nicht zurückgehen sollten, um ihr Land wieder aufzubauen«.

Mittlerweile aber wächst in Australien der Widerstand gegen die Asylpolitik der Regierung. Im Internet haben sich Tausende Bürger gemeldet, um ihre privaten Räume Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. Zudem soll Ende März erstmals ein internationales Grenzcamp von antirassistischen Gruppen in der Nähe des Internierungslagers Woomera stattfinden.

Die oppositionelle Labor-Partei beginnt ihre Zustimmung zu repressiven Maßnahmen gegenüber Flüchtlingen zu revidieren, und selbst innerhalb der Regierung gibt es Kritik. Neville Roach, den Ruddock zum Vorsitzenden des Rates für ein multikulturelles Australien ernannt hatte, trat aus Protest gegen die Regierungspolitik zurück. Der Tageszeitung Sydney Morning Herald erklärte er, dass in dieser Regierung das »Mitgefühl über Bord geworfen« worden sei.

Derweil bereitet die Regierung eine weitere Verschärfung der Asylpolitik vor. Ende Februar soll auf einer Konferenz in Bali in Absprache mit den Transit- und Ausgangsländern der Seeweg für Flüchtlinge endgültig dicht gemacht werden.