Die Bundesregierung rüstet auf

Der Panther greift an

Deutschland soll auch militärisch modernisiert werden. Die Bundesregierung rüstet auf.

Was sollten die Deutschen tun?« fragte der Spiegel Ende Februar den Nato-Generalsekretär George Robertson nach der Rüstungspolitik. »Was alle anderen auch tun sollten«, antwortete Robertson, »nämlich modernisieren. Andernfalls werden die Nato-Europäer marginalisiert.« Auch auf der Sicherheitskonferenz, die Anfang Februar in München stattfand, warnte Robertson die »militärischen Pygmäen« Europas mit markigen Worten vor einem drohenden Unilateralismus der militärtechnologisch überlegenen USA und forderte ein »leistungsfähiges europäisches Krisenmanagement«.

Damit rennt er bei Verteidigungsminister Rudolf Scharping offene Türen ein. Denn der kämpft bereits seit dem Beginn seiner Amtszeit für eine bessere finanzielle Ausstattung der Bundeswehr. Die Erfüllung von Scharpings Forderungen ist lange am Sparkurs der Bundesregierung gescheitert. Die Aufrüstung der deutschen Streitkräfte gehöre nicht zu den politischen Prioritäten der rot-grünen Regierung, lautete das Argument.

Das hat sich jedoch spätestens nach dem 11. September geändert. Bereits im Oktober des vergangenen Jahres verkündete Bundeskanzler Gerhard Schröder, Deutschland befinde sich an einem Wendepunkt und habe sich »in einer neuen Weise internationaler Verantwortung zu stellen«. Dies schließe »auch die Beteiligung an militärischen Operationen« ausdrücklich ein. Und Außenminister Josef Fischer wusste: Nur wer sich an den kommenden Waffengängen beteilige, könne später auch mitreden.

Kosovo, Mazedonien, Afghanistan, Djibouti - Marschbefehl folgt auf Marschbefehl. Die Bundeswehr selbst ist diesen Aufgaben allerdings nur bedingt gewachsen. Denn sie wurde ursprünglich als territoriale Verteidigungsarmee konzipiert und entsprechend ausgerüstet. Nicht nur dass die Transportmittel fehlen, um Truppen und Gerät an weit entfernte Einsatzorte zu bringen, die Fahrzeuge und Waffensysteme sind zudem oft überaltert oder für einen Einsatz in den kommenden Kriegen nicht geeignet. Dass inzwischen die Konsequenzen daraus gezogen wurden, zeigt ein Blick auf die Beschaffungslisten der Bundeswehr.

Das bekannteste Beispiel ist der Mitte März beschlossene Erwerb von zunächst 40 Militärtransportern des Typs Airbus A 400 M für 5,1 Milliarden Euro. Über den Kauf von 33 weiteren Maschinen wird mit dem Haushalt 2003 entschieden. Zudem sollen am Ende dieses Jahres die ersten Kampfflugzeuge des Typs »Eurofighter« an die Bundeswehr ausgeliefert werden. In den kommenden Jahren will man insgesamt 180 Jets zum Preis von je 62 Millionen Euro kaufen.

Doch nicht nur die Luftwaffe wird aufgerüstet. Auch die Marine soll modernisiert werden. Im nächsten Jahr beginnt die Lieferung von vier U-Booten des Typs U 212 für insgesamt 1,7 Milliarden Euro, außerdem sollen drei Fregatten 124 für 1,8 Milliarden Euro die überalterten Zerstörer der so genannten Lütjens-Klasse ersetzen.

Bereits Mitte Dezember des vergangenen Jahres teilte die Bundeswehr mit, dass sie »neues Großgerät« anschaffen werde, um endlich verschiedene »Modernisierungs- und Ausrüstungslücken« zu schließen. Kurz zuvor hatte der Verteidigungs- und Haushaltsausschuss des Bundestages fünf Projekten zugestimmt.

Dabei handelt es sich unter anderem um ein »eigenes satellitengestütztes Aufklärungssystem« für nahezu 300 Millionen Euro: »Fünf Radar-Kleinsatelliten werden jeden Ort auf der Erde innerhalb weniger Stunden aufklären können.« Des weiteren erhält die Marine bis 2008 fünf Korvetten der Klasse 130 für etwa 880 Millionen Euro. Ab 2006 werden 202 Spähpanzer »Fennek« für 224 Millionen Euro ausgeliefert. Deren »Beobachtungs- und Aufklärungsausstattung« genüge den »modernsten Anforderungen«, schreibt die Bundeswehr. Es handelt sich also um ein gegen Minen geschütztes Fahrzeug mit leichter Bewaffnung für schwieriges Gelände, ideal für einen Einsatz wie in Afghanistan.

Die Aufzählung der bestellten Geräte ließe sich noch fortsetzen. Allein, die Bundeswehr wird wohl in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Die Welt am Sonntag rechnete vor, dass »der Verteidigungsetat spätestens in drei Jahren um jährlich rund drei Milliarden Euro ansteigen« müsste, um die »anstehenden Beschaffungskosten von etwa 36 Milliarden Euro in 15 Jahren bezahlen zu können«. Die Rüstungsinvestitionen der Bundeswehr sind zwar seit dem Antritt der rot-grünen Regierung um 400 Millionen Euro auf jährlich 3,2 Milliarden Euro gestiegen, doch spätestens 2006, wenn die Lieferung der bestellten Geräte richtig anläuft, wird dies nicht mehr ausreichen.

Eine Grundsatzdebatte über einen höheren Rüstungsetat wird aber wohl zumindest bis nach den Bundestagswahlen auf sich warten lassen. Denn wer eine bessere Ausstattung der Armee fordert, muss auch sagen, wie er sie zu bezahlen gedenkt.

In der Bundeswehr scheint man mit dieser Situation indes gut zurechtzukommen. So berichtete die FAZ anlässlich der Kommandeurstagung vor zwei Wochen in Hannover, »Teile des deutschen Militärs« hätten sich darauf verlegt, die Bundeswehr »praktisch im Einsatz zu modernisieren«. Die Botschaft an die Politik laute: »Entweder das Material wird beschafft, oder der Einsatz ist nicht durchführbar.«

Zumindest im Fall des Airbus A 400 M sowie des neuen Schützenpanzers Panther könnte diese Mahnung erfolgreich sein. Der Panther wird, wie »bisherige Einsätze« gezeigt hätten, »dringender denn je benötigt«, hieß es aus dem Verteidigungsministerium. Deshalb werden nun zunächst für 286 Millionen Euro Fahrzeuge dieses Typs gekauft. Das Gesamtprojekt umfasst jedoch den Kauf von 1 152 solcher Panzer für insgesamt über sieben Milliarden Euro. Mit dem Namen »Panther« greift die Bundeswehr übrigens erstmals wieder auf eine Wehrmachtsbezeichnung für ein Fahrzeug zurück.

Die rot-grüne Bundesregierung weiß, wie wichtig hochflexible Streitkräfte sind. Um die Bundeswehr auf die Höhe der Zeit zu bringen, benötigt man jedoch die Hilfe der USA. Denn wie Rudolf Scharping sagt, eine »Harmonisierung der Rüstungssysteme« ist vorerst nur mit Hilfe der militärtechnologischen Entwicklungen der Vereinigten Staaten möglich.

Der Nato-Generalsekretär Robertson forderte die europäischen Mitgliedsländer in München auf, bis zum Nato-Gipfel im November in Prag »die mangelhafte technische und logistische Ausstattung« zu verbessern. Die rot-grüne Regierung wird im Falle eines Wahlsieges alles dafür tun, Vollzug melden zu können.