Wahlen in Irland

Teflon Tiger

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Einen Rechtsrutsch wie in anderen europäischen Ländern gab es bei den Parlamentswahlen in Irland am Freitag nicht. Die irische Politik wird ohnehin von konservativen Parteien dominiert. Die bisherige und zukünftige Regierungspartei Fianna Fail und die größte Oppositionspartei Fine Gael sind katholisch-rechtskonservativ, und auch die Sozialdemokraten von Labour, der drittgrößten Partei, positionieren sich größtenteils in der politischen Mitte.

Ausgezahlt hat sich die Gleichförmigkeit der politischen Programme für die Opposition nicht. Fine Gael musste die größte Wahlniederlage ihrer Geschichte hinnehmen und verlor fast die Hälfte der Sitze. Auch Labour verzeichnete geringe Verluste.

Fianna Fail, die mit 41 Prozent der Stimmen die Wahl eindeutig gewonnen hat, verdankt ihren Sieg vor allem dem ökonomischen Boom in den letzen Jahren. Die irische Wirtschaft, ein Musterbeispiel für die Umsetzung neoliberaler Theorie, profitierte stark von der Öffnung des europäischen Binnenmarktes. Vor allem US-amerikanische Firmen investierten im High-Tech- und Finanzbereich, um Zugang zur EU zu bekommen. Bertie Ahern, Premierminister und Vorsitzender der Fianna Fail, der mit den rechtsliberalen Progressive Democrats in einer Koalitionsregierung saß, senkte die Unternehmens- und Einkommenssteuern, um das Land für Investoren attraktiv zu machen.

Trotzdem blieb der Haushalt ausgeglichen. Auch die Arbeitslosenzahlen waren, bei äußert lockeren Arbeitsmarktregelungen, im letzten Jahr auf einem historischen Tiefstand. Zwar hat sich das Wirtschaftswachstum inzwischen stark verlangsamt, doch trotz der globalen Rezession steht der »keltische Tiger« vergleichsweise gut da. Deshalb konnten dem Premierminister in den letzten Jahren auch diverse Finanzskandale nichts anhaben. Kritik blieb einfach nicht an ihm haften, weshalb die irischen Kommentatoren ihm den Spitznamen »Teflon Bertie« verpassten.

Die Verlierer des Booms stimmten nicht für Labour, sondern für die Grünen und die Sinn Fein, die der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) nahe steht. Die Grünen konnten ein Prozent hinzugewinnen und die Linksnationalisten verdreifachten ihren Stimmenanteil auf 6,5 Prozent. Beide Parteien hatten die soziale Lage vor allem jüngerer Wähler in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes gestellt.

Inzwischen ist der Abstand zwischen den reichsten und den ärmsten Iren einer der größten in der EU. Der wirtschaftliche Boom ging einher mit der Entstehung von ungesicherten und schlecht bezahlten Arbeitsplätzen im Gastronomiebereich und in Call-Centern. Gleichzeitig hat der Regierungskurs das öffentliche Gesundheitssystem ruiniert, um für einen ausgeglichenen Haushalt zu sorgen.

Entscheidend zum Erfolg Sinn Feins hat der Friedensprozess in Nordirland beigetragen. Nun sind sogar einige ehemalige IRA-Mitglieder Parlamentsabgeordnete, darunter Martin Ferris, ein verurteilter Waffenschmuggler. »Die Menschen werden das Resultat als eine Bestätigung des Friedensprozesses sehen«, kommentierte der Sinn Fein-Vorsitzende Gerry Adams das Wahlergebnis.

Also kein Rechtsrutsch in Irland? Nicht ganz, denn völlig ohne rassistische Sprüche verlief auch dieser Wahlkampf nicht: Noel O'Flynn, ein Abgeordneter Fianna Fails, bezeichnete Flüchtlinge als »Schmarotzer und Schnorrer«. Trotz einer Ermahnung seines Parteichefs nahm er die Äußerungen nicht zurück. Als Dank erhielt O'Flynn in seinem Wahlkreis Cork North Central die Mehrheit der Stimmen.