Krieg in Liberia

Embargo mit Folgen

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Während in Sierra Leone nach den Wahlen der Bürgerkrieg vorbei zu sein scheint, geht im benachbarten Liberia die Herrschaft von Präsident Charles Taylor offenbar ihrem Ende entgegen. Seit Monaten rückt die Rebellenbewegung Liberians United for Peace and Reconciliation (Lurd) immer näher auf die Hauptstadt Monrovia vor. Am Donnerstag vergangener Woche wurde über Kämpfe zwischen der Armee und den Rebellen aus einigen Vorstädten berichtet.

Offenbar hat die Lurd von einem Waffen- und Diamantenembargo der Uno gegen Taylors Regierung profitiert. Ein Armeeangehöriger berichtete der BBC, dass sich »bis zu zehn Soldaten ein Gewehr teilen müssen«. Die Lurd hingegen erhält nach übereinstimmenden Aussagen des guineischen Oppositionspolitikers Jean-Marie Dore und der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Waffen und logistische Unterstützung aus Guinea, dem nordwestlichen Nachbarland Liberias.

Innerhalb der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas wird inzwischen über eine Interventionstruppe diskutiert. Die Staatschefs der 15 Mitgliedsländer riefen bei einem Treffen vor knapp zwei Wochen zu einem »sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand« zwischen der Armee und den Rebellen auf, was von der liberianischen Regierung aber zurückgewiesen wurde. »Nach einem Waffenstillstand zu rufen, wird den Lurd-Terroristen nur die Möglichkeit geben, sich zu sammeln und die liberianische Regierung wieder anzugreifen«, sagte Informationsminister Reginald Goodridge der BBC.

Nun sollen im Auftrag der Ecowas die Präsidenten Nigerias und Senegals vermitteln. Doch Senegals Staatschef Abdoulaye Wade hat wenig Hoffnung auf Erfolg. »Wir haben einen Friedensplan, der mit Vermittlung beginnt«, sagte er, »wir fürchten aber, es könnte zu spät sein.« Offenbar fürchten die Politiker eine weitere Destabilisierung der Region. »Gerade jetzt, da Sierra Leone Frieden gefunden zu haben scheint, wird Liberia von einem Krieg zerrissen, der das Risiko einer Ausweitung birgt«, meinte Amara Essy, der Generalsekretär der Organisation Afrikanischer Einheit.

Die Kriege in Westafrika hatten begonnen, als Charles Taylor 1989 mit einer Rebellenmiliz in Liberia einmarschierte. Sieben Jahre später wurde er zum Präsidenten gewählt. Seit 1991 unterstützte er die Ruf-Rebellen aus Sierra Leone bei ihrem Krieg gegen die Regierung (siehe nebenstehenden Artikel). Taylor selbst kämpfte vor allem gegen die afrikanische Eingreiftruppe Ecomog, an einer erneuten Intervention von dieser Seite kann ihm deshalb kaum gelegen sein.

Taylor hat inzwischen allerdings kaum noch Verbündete. Seine eigene Partei fordert Verhandlungen mit den Rebellen. Sein bislang engster Verbündeter, Burkina Fasos Präsident Blaise Compaoré, hat sich ebenso öffentlich von ihm abgewandt wie die Regierung Libyens. Ausländische Geschäftsleute in Liberia nehmen offenbar Verbindung zu den Rebellen auf, während die libanesische Minderheit, die den Handel weitgehend kontrolliert, bereits ihre Familien außer Landes bringt.

UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die Offensive der Lurd zwar verurteilt, die Uno verlängerte jedoch Anfang Mai die Sanktionen gegen Liberia. Und die US-Regierung, die in Taylor offiziell eine »Bedrohung ihrer Außenpolitik« sieht, hat in der vorigen Woche ein drei Millionen US-Dollar teures Ausbildungsprogramm der Armee Guineas begonnen, welche die Lurd heimlich unterstützt.