Papua-Neuguinea: Abkommen über Autonomie in Bougainville

Insel gegen Insel

Jahrelang kämpfte die Guerillabewegung BRA für die Unabhängigkeit Bougainvilles. Ein mit der Regierung Papua-Neuguineas geschlossenes Abkommen soll den Konflikt beenden.

Die Polizei von Bougainville kann die Insel nun auch vom Wasser aus betrachten. Am Dienstag vergangener Woche wurde den Ordnungshütern der zu Papua-Neuguinea gehörenden Provinz das Polizeiboot Inguba mit einer feierlichen Zeremonie übergeben. Mehr als patrouillieren dürfen sie allerdings nicht. »Gemäß der Waffenstillstandsvereinbarung hat die Polizei in Bougainville nicht die Macht, Verhaftungen durchzuführen«, erklärte Joseph Bemu, der Polizeichef der Provinz, der Tageszeitung Post-Courier.

Möglicherweise wird Bemu die Insel bald verlassen müssen. Denn auf den 1998 unterzeichneten Waffenstillstand folgte ein Friedensabkommen, das am 27. März dieses Jahres alle Parteien des Parlaments Papua-Neuguineas ratifiziert haben. Nun werden autonome Strukturen und Institutionen auf der nördlich der Salomonen gelegenen Insel aufgebaut, darunter auch eine Polizeitruppe. In zehn bis 15 Jahren soll dann eine Volksabstimmung über die völlige Unabhängigkeit der Insel entscheiden.

Die von Neuseeland initiierten und von Australien moderierten Verhandlungen über eine friedliche Beilegung des Konflikts um die rund 10 000 Quadratkilometer große Insel begannen 1997, weil die Armee Papua-Neuguineas auch acht Jahre nach dem Beginn des Aufstandes der Bougainville Revolutionary Army (BRA) nicht in der Lage war, sie militärisch zu besiegen.

Der Konflikt zwischen der Regierung Papua-Neuguineas und den rund 160 000 BewohnerInnen Bougainvilles reicht jedoch weit vor den Beginn des bewaffneten Aufstandes zurück. 1963, als Bougainville noch unter australischer Verwaltung stand, begann die Bougainville Copper Limited (BCL), ein Joint Venture von Rio Tinto und der Broken Hill Corporation, mit der Ausbeutung der Kupfervorkommen, ohne die Auswirkungen des Tagebaus auf die Ökologie der Insel zuvor studiert oder die lokale Bevölkerung an der Entscheidung über die Förderungsmethoden beteiligt zu haben.

Der Tagebau führte zur Vergiftung des Jaba River und zu ökologischen Schäden im Korallenmeer, in das der Fluss mündet. Die noch weitgehend subsistent lebende Bevölkerung sah sich ihrer Lebensgrundlagen beraubt, während die Gewinne aus der Mine allein an die australischen Bergbaukonzerne und die Regierung Papua-Neuguineas gingen.

Diese Kolonialpolitik förderte das Streben nach Unabhängigkeit. Dabei pochten die lokalen politischen Eliten auch auf eine eigene »ethnische Identität«, da die Bevölkerung Bougainvilles sprachlich und kulturell mehr Gemeinsamkeiten mit den unmittelbar angrenzenden Salomonen besitzt als mit der Bevölkerung Neuguineas. Als sich die australische Verwaltung des Gebietes schließlich anschickte, den gesamten Osten Neuguineas zusammen mit den Admiralitätsinseln, Neubritannien, Neuirland und Bougainville in einem gemeinsamen Staat in die Unabhängigkeit zu entlassen, wurde diese Entscheidung in Bougainville nicht akzeptiert.

Am 1. Dezember 1975, zwei Wochen vor der Unabhängigkeit Papua-Neuguineas, erklärten die politischen Eliten Bougainvilles einseitig die Unabhängigkeit. Der neue Staat wurde aber weder von Australien noch von den Vereinten Nationen anerkannt. Erst ein Jahr später führten Verhandlungen mit dem mittlerweile unabhängigen Papua-Neuguinea zu einem Abkommen, das eine beschränkte Autonomie Bougainvilles vorsah.

Die Kupfermine wurde nun von Rio Tinto mit der Regierung gemeinsam betrieben. Während der Tagebau ausgeweitet wurde, der die für die Subsistenzlandwirtschaft notwendigen Gebiete zerstörte, konnten die BewohnerInnen der Insel kein neues Auskommen im Bergbau und dem damit entstehenden kleinen modernen Sektor der Ökonomie finden.

Die daraus resultierenden Auseinandersetzungen eskalierten 1988 so weit, dass sich eine Gruppe von traditionellen Landbesitzern der Insel zusammentat und die Mine eigenmächtig schloss. Die Regierung Papua-Neuguineas weigerte sich, auf die Forderungen nach einer Neuverhandlung der Verträge einzugehen. Stattdessen entsandte sie die Armee und Sondereinheiten der Polizei, die über 20 000 DorfbewohnerInnen aus der Umgebung der Kupfermine vertrieben.

Damit jedoch gaben sie das Signal zu einem lange anhaltenden Guerillakrieg. Waren es zuvor vor allem VertreterInnen der traditionellen Eliten der Insel, die wohl auch wegen der mangelnden Beteiligung an den Gewinnen der BCL protestierten, so brachte die Regierung Papua-Neuguineas mit dem Versuch der militärischen Niederschlagung des Protests die Bevölkerung gegen sich auf, die nunmehr die sich unter dem Namen Bougainville Revolutionary Army (BRA) konstituierenden Aufständischen unterstützte.

Was als Auseinandersetzung um eine Kupfermine begann, wurde so schnell zu einem Kampf um die Unabhängigkeit und die Kontrolle über das Land und die Rohstoffe Bougainvilles. Die Unterstützung der Bevölkerung für die BRA führte dazu, dass die Armee Papua-Neuguineas trotz ihrer wesentlich besseren Bewaffnung und zahlenmäßigen Überlegenheit geschlagen wurde und im April 1990 die Insel verlassen musste.

Am 17. Mai 1990 erklärte Bougainville erneut seine Unabhängigkeit, und der zivile Arm der BRA, das Bougainville Interim Government (BIG) übernahm die Kontrolle über die Insel. Papua-Neuguinea verhängte eine Blockade und entsandte 1991 erneut Truppen. Ein jahrelanger Guerillakrieg war die Folge. Die Kupfermine gelangte jedoch nur für kurze Zeit in die Verfügungsgewalt der Armee, eine Wiederaufnahme der Förderung war nicht möglich.

Als die Regierung Papua-Neuguineas 1997 ankündigte, die südafrikanische Söldnerfirma Sandline mit der Vertreibung der BRA zu beauftragen, kam es zu Protesten und einem Aufstand der eigenen Soldaten. Schließlich musste sie ihren Rücktritt einreichen. Die folgenden Wahlen brachten eine Regierung an die Macht, die stärker an einer politischen Lösung des Konflikts interessiert war. Auch Australien, das den Kampf gegen die BRA zuvor unterstützt hatte, setzte nun auf Verhandlungen.

Der im August 2001 erreichten Verständigung über die Autonomie und einem Referendum sowie der Ratifizierung des Friedensabkommens im März sollen noch in diesem Jahr Wahlen folgen, die eine autonome Verwaltung der Insel nach sich ziehen sollen. Der Konflikt um die Bougainville Copper Limited ist jedoch noch nicht gelöst.