Afrikanische Union gegründet

Gaddafi vs. Mbeki

Von

Beim Gründungsakt der Afrikanischen Union (AU) im südafrikanischen Durban vergangene Woche konkurrierten vor allem zwei Staatsmänner um den Führungsanspruch in der neuen Organisation. Während Südafrikas Präsident Thabo Mbeki den vorsichtig optimistischen Vorstandsvorsitzenden des neuen Afrikas gab, rief Libyens Muammar Gaddafi in einer »spontanen Ansprache« dazu auf, die koloniale Unterdrückung endgültig abzuschütteln: »Afrika den Afrikanern! Das Land gehört uns! Ihr seid die Herren des Kontinents!«

Die Überwältigung durch pan-afrikanische Gefühle des früheren Pan-Arabisten Gaddafi dürfte eine wohlüberlegte Aktion gewesen sein. Gaddafi selbst hatte vor drei Jahren seine Idee der »Vereinigten Staaten von Afrika« vorgestellt und seitdem seinen Einfluss auf andere afrikanische Länder wie Zimbabwe durch großzügige finanzielle Hilfe ausgebaut. Mbeki, der seit Jahren das Projekt einer »afrikanischen Renaissance« verfolgt, nahm die Idee schließlich auf, um die OAU (Organisation für afrikanische Einheit) zu reformieren und einen emotionalen Start für eine Erneuerung des Kontinents zu geben. In der Folgezeit gewann er, auch weil er sich auf die stärkste afrikanische Ökonomie und die Unterstützung durch westliche Staaten stützen kann, die Meinungsführerschaft innerhalb der OAU.

In der neuen AU-Verfassung sind nun Regeln für politische, ökonomische und soziale Programme festgehalten, eine gemeinsame Verteidigungsstrategie soll ausgearbeitet werden, und die Mitgliedsstaaten werden auf die Regeln der »guten Regierungsführung« verpflichtet. Die weitestreichende Veränderung gegenüber dem Statut der OAU ist die Möglichkeit einer militärischen Intervention, falls ein Mitgliedsstaat die Menschenrechte verletzt oder selbst um Intervention bittet. Die OAU dagegen, oftmals als »Gewerkschaft der Diktatoren« verspottet, war strikt auf »Nichteinmischung« fixiert. In Zukunft soll die teilweise an den EU-Strukturen orientierte Afrikanische Union auch eine einheitliche Währung und einen gemeinsamen Gerichtshof schaffen.

Um Mbekis Plänen etwa entgegenzusetzen, forderte Gaddafi zur Gründung eines vereinigten afrikanischen Staates auf. Da er bislang der Hauptsponsor der AU war - die OAU hinterließ etwa 25 Millionen Dollar Schulden -, einigten sich die 40 anwesenden Staatschefs auf ein außerordentliches Folgetreffen in einem halben Jahr, bei dem über das utopische Ziel entschieden werden soll.

Doch Gaddafi fand noch mehr Möglichkeiten, Mbeki zu ärgern. Zwar stimmte er der Annahme des maßgeblich von Mbeki erarbeiteten Wirtschaftsplans Nepad als ökonomischem Leitbild der AU zu. Vor dem AU-Gipfel hatte er Nepad noch als »neokolonial« gebrandmarkt, doch nun erhielt sein Land einen Sitz in der wichtigen Nepad-Steuerungskommission. Schließlich schlug er noch vor, dass der AU-Vorsitzende doch an den Sitz der Organisation im äthiopischen Addis Abeba umziehen solle. Unwahrscheinlich allerdings, dass der gerade als Vorsitzender gewählte Mbeki dafür seinen Regierungssitz in Südafrika verlassen wird.