Stadionumbenennungen

Kölscher Strom

Das Müngersdorfer Stadion in Köln, Heimspielort des temporären Zweitligisten 1. FC Köln, heißt ab sofort RheinEnergieStadion. Zuvor hatte schon der Hamburger SV sein Volksparkstadion in AOL-Arena umbenennen lassen, und die zwei Münchner Vereine TSV 1860 und Bayern errichten gerade eine Allianz-Arena.

RheinEnergie ist ein Stromkonzern, der für 15 Millionen Euro bis 2009 den Stadionnamen gebucht hat - schließlich ist das Ex-Müngersdorfer Stadion bei der Fußball-WM 2006 ein Austragungsort. Vom Müngersdorfer Stadion klagte der frühere Müngersdorfer Bürger Heinrich Böll einst, man könne dort an Heimspieltagen nirgends parken und müsse »sich listig wie Odysseus zwischen Spielbeginn und -ende von zu Hause weg oder nach Hause schleichen«.

Zu diesen Listen zählte Böll, ein Einheimischer dürfe »sich weder an Einbahn- oder Absperrschilder halten, noch sollte er sich auf die Polizei verlassen, die ihn in Autoschlangen hinein umlenkt - er sollte möglichst seine Autonummer verhängen, sich, alle Schilder und winkenden Arme missachtend, durchschlagen, mit viel Disziplin, aber ohne Gehorsam«.

Bölls Programm des zivilen Ungehorsams für den Müngersdorfer Autofahrer fand seinen Widerhall in dem schönen Song »Müngersdorfer Stadion« von Jürgen Zeltinger, der zum kostengünstigen Umgang mit den Kölner Verkehrsbetrieben riet: »Ich fahr schwarz mit de KVB, die Markfuffzich dät denne och nit wieh. Ich fahr schwarz mit de KVB, de Hals voll krieje de Bonze nie.«

Nun, so sieht es der neue Vertrag mit dem Strom-Konzern vor, fährt man mit der KVB zum RheinEnergieStadion, der man neuerdings auch nicht mehr keine Mark zahlt, sondern keinen Euro.

Was in anderen Orten zu Fandemonstrationen unter dem Motto »Tradition statt Kommerz« geführt hat, wird in Köln sympathisch niedrig gehängt. Der FC, gerade aus der ersten Liga abgestiegen, kickt eh nicht mehr da, wo er hingehört. Dann kann das Stadion ruhig auch anders heißen. »Ich finde den Namen zwar nicht so schön, aber es ist mir allemal lieber, etwas Stadtverbundenes (Rhein) im Namen zu haben, als wie z.B. die Hamburger oder Münchener«, schreibt im Internet-Fanforum ein »FC-Supporter«, und schlägt vor, »wenigstens ein Cologne in den Namen einzubauen«.

Das bisschen Kritik, das in Deutschland ja immer das Abendland untergehen sieht, trägt ein Fan vor, der sympathischerweise schon in der Rechtschreibung sein angebliches Anliegen dementiert: »Schön das es wenigstens Deutsch geblieben ist und nicht So nee Amerikanisierte Sch.eiße wie bei dem Retorten Baskettballern ...« Et kütt wie et kütt, ist schließlich eine der wichtigsten rheinischen Lebensregeln, wie auch: Et hätt noch immer jotjejange.

Durch das Engagement des Stromkonzerns hat sich der Verein elegant auch solchen scheinbar traditionsverbundenen Vorschlägen wie Konrad-Adenauer- oder Henry-Ford-Stadion entzogen. Adenauer hatte als Kölner Oberbürgermeister 1923 den Bau der Sportanlage wesentlich initiiert, und die Automobilfabriken des bekennenden Antisemiten Henry Ford sind in Köln der größte Arbeitgeber.

Wie absurd der Versuch sein kann, eine Tradition - komme, was wolle - hochzuhalten, zeigt sich in Stuttgart. 1993 wurde das Neckar- in Gottfried-Daimler-Stadion umbenannt, und prompt wurde über Kommerz gemault. Dabei sollten sich die Traditionsbewussten daran erinnern, dass ihr Stadion 1933 ursprünglich als Adolf-Hitler-Kampfbahn eingeweiht wurde.