Reichstagswahlen in Schweden

Erfolgreich gekapert

Es sei ein »phantastischer Erfolg«, jubelte Schwedens alter und neuer Ministerpräsident Göran Persson nach den Reichtagswahlen am vergangenen Sonntag. Rund 40 Prozent der Stimmen erhielten die Sozialdemokraten, das war deutlich mehr als erwartet. Zusammen mit den Grünen und der Linkspartei, die seine Regierung tolerieren, verfügt er im Reichstag über eine bequeme Mehrheit.

Besonders erfreut zeigten sich die Sozialdemokraten darüber, dass nun die Rechten in Europa gestoppt worden seien. Extremisten wie Jean-Marie Le Pen und Jörg Haider hätten im liberalen Norden keine Chance. »Wir haben keinen Wahlkampf auf Kosten der Einwanderer gemacht«, sagte ein sozialdemokratischer Abgeordneter in der Wahlnacht lächelnd in die Kameras.

Tatsächlich sieht die Realität etwas anders aus. Denn neben der Steuerpolitik war die Einwanderung das ausschlaggebende Thema. Die Propaganda der Populisten, die in den letzten Monaten von Portugal bis Dänemark Aufsehen erregten, ging auch an dem skandinavischen Land nicht spurlos vorüber. Im Gegenteil. Hier zeigte sich, in welchem Maße die bürgerlichen Parteien die rechten Programme bereits übernommen haben.

So kam es kurz vor der Wahl zu einem Eklat, nachdem das schwedische Fernsehen heimlich aufgezeichnete rassistische Sprüche von bekannten Politikern veröffentlichte. Ein konservativer Abgeordneter sagte über die in seinem Wahlkreis lebenden Chilenen, bei ihnen handele es sich »um jene, um die sich Pinochet nicht mehr kümmern konnte«. Der konservative Bürgermeister der Stadt Solna bei Stockholm, Ulf Björkman, verzichtete auf eine Kandidatur, nachdem er Schwarze mit Affen verglichen hatte. Der Unterschied sei, »dass der Affe die Bananen mit dem Fuß greift«. Und der Sozialdemokrat Ingvar Hulting bezeichnete Moslems pauschal als »Bedrohung« für die Schweden. Insgesamt gaben fünf konservative und ein sozialdemokratischer Kandidat nach den Enthüllungen ihre Bewerbung auf.

Von solchen plumpen Äußerungen wollte man im Wahlkampf nichts hören. Hier ging es ruhig und seriös zur Sache. Die Sozialdemokraten sprachen sich gegen die Einwanderung in großem Umfang aus, um den heimischen Arbeitsmarkt zu schützen. Persson forderte, wie die rot-grüne Regierung in Berlin und die blau-schwarze Koalition in Wien, dass Bürgern osteuropäischer Staaten nach der Ost-Erweiterung erst nach langen Übergangsfristen die Freizügigkeit innerhalb der EU gewährt werden sollte.

Die konservative Opposition hingegen wollte zwar alle Einwanderer ins Land lassen. Wer jedoch länger als drei Monate ohne Arbeit sei, müsse wieder gehen. Kurz vor Schluss sorgte der Vorsitzende der Liberalen, Lars Leijonborg, noch für einen deutlichen Meinungsumschwung. Er schlug vor, dass Einwanderer vor dem Erhalt der schwedischen Staatsbürgerschaft einen Sprachtest ablegen müssten. Der Stimmenanteil der Liberalen verdreifachte sich daraufhin, mit rund 13 Prozent wurden sie die drittstärkste Kraft. Ihr Erfolg ging zu Lasten der Konservativen, die mit 15 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit einem Vierteljahrhundert erzielten.

»Nächste Woche werden es uns unsere deutschen Genossen nachmachen«, sagte Perrson über die Bundestagswahlen am kommenden Sonntag. Gut möglich also, dass in Schweden ein neuer Trend seinen Anfang nahm. Dass die Rechtspopulisten dort keine Chance hatten, ist allerdings kaum verwunderlich. Ihre Themen sind bei den bürgerlichen Parteien genauso gut aufgehoben.