Antiimperialismus und die irakische KP

Totale Solidarität

Als 1941 eine Gruppe panarabischer Offiziere im Irak die probritische Regierung in Bagdad mit deutscher Hilfe zu stürzen versuchte, war es einer Allianz aus britischen Militärs, irakischen Nationalisten, Kommunisten und Kurden zu verdanken, dass dieser Versuch misslang und damit auch eine deutsche Vorherrschaft im Nahen Osten vereitelt werden konnte.

Schon damals erklärten die Putschisten, Vorläufer der Baath-Partei und leidenschaftliche Bewunderer der Nazis, ihr Staatsstreich richte sich gegen den Imperialismus, gemeint waren damit England, die Sowjetunion und die Juden. Neben der Liquidation von Kommunisten und »probritischen Elementen« sollte, hieß es damals in einem Kommuniqué, vor allem mit den Juden so verfahren werden, »wie es den nationalen und völkischen Interessen der Araber entspricht, und wie die Judenfrage in Deutschland gelöst worden ist«. Als sich 1963 im Irak Panarabisten, diesmal die Baath-Partei selbst, an die Macht putschten, brachten sie in wenigen Monaten Zehntausende Kommunisten um.

Wenn nun ausgerechnet Fidel Castro dieser Baath-Partei zum Jahrestag ihrer Machtübernahme vom Juli 1968 gratuliert und ein Konsortium aus 43 kommunistischen Parteien der Regierung des Irak seine »totale Solidarität« erklärt, so sagt die Tatsache viel über die Beschaffenheit kommunistischer Bewegungen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.

Die peinliche Solidarisierung mit den Kommunistenfressern in Bagdad aber ist für die deutschen Freunde Saddam Husseins ein willkommener Anlass, endlich mit der irakischen KP abzurechnen. Klaus von Raussendorf etwa, Herausgeber der »Antiimperialistischen Korrespondenz« und Mitglied der PDS, der schon vor Jahren »Solidarität mit Saddam Hussein« forderte, klagt in der jungen Welt, die ICP würde sich ohnhin nur »kommunistisch nennen« und habe ihre Bereitschaft geäußert, »mit den USA zu kooperieren, wenn diese eine demokratische Lösung unter Beteiligung aller wesentlichen Oppositionsgruppen in Irak anstrebten«, statt wie er und andere Antiimperialisten zur bedingungslosen Unterstützung der Baath-Partei in ihrem Kampf gegen die USA, Israel und die eigene Zivilbevölkerung aufzurufen.

Raussendorfs Mitstreiter Joachim Guilliard, der gemeinsam mit Jamal Karsli ein Sprecher der deutschen Initiative gegen das Irakembargo ist, führt aus, warum Kommunisten und andere irakische Oppositionelle Verräter seien. Wer sich nämlich ernsthaft für die Menschen im Irak einsetzen wolle, müsse auf die Diplomatie vertrauen. »Dabei führt kurzfristig kein Weg an einer Zusammenarbeit mit der Baath-Regierung vorbei.«

Nicht nur die junge Welt und Guilliard, auch andere Antiimperialisten zeigten sich empört über den Vaterlandsverrat der irakischen Kommunisten. Der Kampfbund deutscher Sozialisten, eine Nazitruppe, deren Homepage der Slogan »Der Kampf gegen Imperialismus und Zionismus hat einen Namen: Saddam Hussein« schmückt, rief deshalb »alle anständigen Mitglieder der irakischen KP« auf, »sich der nationalsozialistischen Baath-Partei anzuschließen«.

Eine israelische Bekannte meinte angesichts dieser von ganz rechts bis ganz links reichenden Einigkeit, sie könne sich des Eindruckes nicht erwehren, dass vor dem Sturz eines schnauzbärtigen Diktators mit Vorliebe für Giftgas und Angriffskriege - eines echten Führers also, der zudem die Vernichtung von Juden zum Staatsziel erklärt - der Geist ihrer Vorfahren in die Deutschen gefahren sei. Denn es scheint in der Tat, als wollten sie nachholen, was 1941 von Briten und Kommunisten vereitelt wurde: auf Massengräbern im Nahen Osten den arabischen nationalen Sozialisten ganz antiimperialistisch die Hand zu reichen.