Erste deutsche Spielvermittlerin

Brixhilda und die Wilde 13

Die Wuppertalerin Brixhilda Skendo arbeitet als erste Spielervermittlerin im deutschen Fußballprofigeschäft.

Seit September vergangenen Jahres gibt es einen bisher nur Männern vorbehaltenen Beruf weniger in Deutschland. Brixhilda Skendo erwarb als erste Frau hierzulande die Lizenz des Weltfußballverbandes Fifa, um professionelle Spielervermittlerin zu werden.

Die Affinität der 38jährigen zum Ballspiel kommt nicht von ungefähr: Fußball ist ihre Leidenschaft. Das war schon während ihrer Kindheit in Albanien so: wenn die Familie zum Fußball ging, war das Mädchen Brixhilda stets dabei. »Die Mischung aus Athletik und Technik hat mich beim Fußball immer fasziniert«, sagt sie heute.

Vor zwölf Jahren zog die zweifache Mutter mit ihrer Familie nach Wuppertal, übernahm die Geschäftsführung des familieneigenen Transportunternehmens und organisierte nebenbei das Fußballvergnügen der Söhne. Der Jüngere hat vor 16 Jahren nicht zufällig den Vornamen Matthäus bekommen: »Lothar Matthäus war ein Idol«, sagt Brixhilda Skendo. »Sein Ehrgeiz und seine Besessenheit wünschte ich mir auch für meine Söhne.« Die Jungs sind vom Durchbruch allerdings noch ein wenig entfernt. Kejdi, 18, spielt beim Oberligisten Wuppertaler SV. Matthäus, 16, in der Jugend.

Seit dem vergangenen Sommer managt die Mutter nun nicht mehr lediglich die Söhne. Weil Cousin Edwin Murati als Fußballprofi beim französischen Erstligisten OSC Lille kickt, hatte sie rasch Kontakt zu einigen jungen französischen Fußballern. Zur Vermittlung der Talente bedurfte es allerdings der Spielervermittler-Lizenz, die der Weltfußballverband Fifa vergibt. Ein halbes Jahr paukte Skendo Gesetze, Richtlinien und Paragrafen und bestand im September in der DFB-Zentrale in Frankfurt die Prüfung.

Doch die wichtigste steht ihr erst noch bevor: Denn nun muss Brixhilda Skendo Klinken putzen. In der Szene sind die Kontakte entscheidend. »Die Fußballbranche ist wie eine große Familie«, sagt sie. »Man kennt sich, und man kann hier nur Geschäfte machen, wenn man ein Mitglied dieser Familie ist.«

Obwohl ihr noch viele Kontakte fehlen, begann sie im September mit der Arbeit. Der 21jährige Franzose Mousalli Icham (Paris St. Germain), der belgische U21-Nationalspieler Afrim Salievski von RWD Molenbeek und der 28jährige Däne Lasse Sall (FC Midtjylland) gehören zu den Fußballern, die Brixhilda Skendo betreut und in Deutschland an Profiklubs zu vermitteln versucht. Zum Beispiel an Alemannia Aachen, wo sie mit Sportdirektor Jörg Schmadtke verhandelte.

Als der ehemalige Bundesliga-Torhüter (Düsseldorf und Freiburg) einen Anruf von ihr bekam, zeigte er sich zunächst überrascht. »Natürlich war es ungewohnt, in dieser Branche plötzlich mit einer Frau zu tun zu haben«, sagt er. Doch sie habe ihn mit guten Argumenten überzeugt: »Mit ihren Spielern.« Einige der Fußballer waren Schmadtke immerhin schon bekannt. Mit einem Transfer durch Skendos Vermittlung hat es bislang trotzdem nicht geklappt. »Ihre Spieler waren für Alemannia zu teuer«, sagt Schmadtke.

Der Aachener Sportdirektor war damals eher damit beschäftigt, Geld für die Zweitliga-Lizenz aufzutreiben, als welches auszugeben. Pech für die Spielervermittlerin.

»Momentan ist es schlimm«, sagte Skendo kurz vor Beginn der Bundesligasaison 02/03, »es läuft nichts.« Eine Existenz aufzubauen, sei halt zurzeit sehr schwer. Die Vereine scheuten Spielertransfers, solange sie nicht wüssten, wie hoch wegen der Kirch-Krise und deren Folgen die Einnahmen aus dem Fernsehgeschäft künftig sein würden. Diese Misere machte freilich allen Spielervermittlern zu schaffen.

Derweil versucht die erste Frau in diesem Geschäft, mit Verve zu überzeugen. »Sie ist sehr engagiert«, sagt Jörg Schmadtke. »Wenn sie einen Spieler anbietet, ist sie zäh und ausdauernd.« Schmadtke fiel allerdings auch auf, »dass Frau Skendo ganz anders argumentiert als ihre männlichen Kollegen«. Sie spreche viel von der Motivation, vom Herz und von der Leidenschaft ihrer Spieler. »Sonst kommen Berater mit Attributen wie Schnelligkeit, Schusskraft oder Kopfballstärke«, sagt Schmadtke.

Hartnäckigkeit und Leidenschaft sieht Brixhilda Skendo indes auch als wesentliche Qualitätsmerkmale eines Spielerberaters. »Ich verstehe nicht, wie mancher 100 oder mehr Spieler unter Vertrag hat.« So viele Spieler, glaubt sie, könne man nicht wirklich betreuen. »Ich habe momentan 13 Spieler - und viel mehr sollten es auch nicht mehr werden.« Professioneller Spielerberater zu sein, ist ein nervenaufreibender Job, der für sie als Frau noch eine weitere Schwierigkeit beinhaltet: Bei Kunden, mit denen sie zum ersten Mal Kontakt hat, muss sie nicht selten erst einmal Vorurteile abbauen, nachdem sie durch die Tür getreten ist. »Die Fußballbosse sind es natürlich nicht gewohnt, mit einer Frau zu verhandeln. Zwar gibt es in Italien und England schon ein paar Vereine, die von Frauen geführt werden, doch insgesamt ist der Fußball nach wie vor eine Männergesellschaft.«

Da kommt die energische Wuppertalerin nicht umhin, bei vielen Gesprächen erst einmal ihre Fachkompetenz zu beweisen, ehe sie als Verhandlungspartnerin ernst genommen wird: »Ich muss dann üblicherweise ein, zwei Testfragen über mich ergehen lassen, bevor man ernsthaft mit mir zu reden beginnt.«

Aber sich als Frau in dieser Männerdomäne zu bewegen, birgt nicht nur Nachteile. Vor allem die jungen Spieler fassen sehr schnell Vertrauen zu ihrer Beraterin und empfehlen sie jungen Kollegen weiter. »Die Bindung besteht nicht nur aus geschäftlichen Interessen. Ich kann als Frau einfach mehr menschliche Aspekte in das Verhältnis einbringen.« Eine Vertrauensebene, die ihrer Ansicht nach andere Spielerberater nicht erreichen können: »Manche meiner Spieler sehen in mir den Mutterersatz. Dahin kommen Männer nun einmal nicht.«

Lasse Sall ist einer ihrer Spieler. Der Däne, der vor Jahren schon mal beim VfB Oldenburg gespielt hat und dann in Dänemarks erste Liga zurückkehrte, will gern noch einmal ins Ausland wechseln. Er bekam den Tipp vom ehemaligen dänischen Nationalspieler Mikkel Beck. »Erst dachte ich, eine Frau als Beraterin ist doch nicht normal«, sagt Lasse Sall, »aber dann hat mein alter Freund Mikkel sie mir empfohlen.« Und Sall ist zufrieden. »Sie bleibt an meiner Sache dran und informiert mich jeden zweiten Tag über den Stand der Dinge.«

Für Peter Neururer, den Trainer des Bundesliga-Aufsteigers VfL Bochum, ist es nicht überraschend, dass die Spieler mit ihrer Beraterin zufrieden sind: »Sie vertrauen ihr, weil sie sich für die Jungs einsetzt.« Neururer lobt an Skendo, dass sie in den bisherigen Gesprächen einen hervorragenden Eindruck hinterlassen habe. Sie pflege einen sehr angenehmen Umgangston. »Und daran sollten sich einige Kollegen dieser Branche mal ein Beispiel nehmen.«

Brixhilda Skendo will ihren Weg machen. Mitunter gibt es Rückschläge, wenn ein Verhandlungspartner unverschämt wird. Sie hat sich vorgenommen, es nicht persönlich zu nehmen: »Ich sage mir immer: Die sollen meine Spieler verpflichten - nicht mich.«