USA vs. Irak

Einmischen!

Widerstand gegen die militaristische Politik der USA ist notwendig. Die Antikriegsbewegung muss den Kontakt zu anderen sozialen Bewegungen suchen und darf nicht zur Vorkämpferin des EU-Projekts werden.

London, Rom, Washington ... Tausende Menschen protestieren gegen einen kriegerischen Angriff auf den Irak, doch sie kratzen kaum am herrschenden Konsens, dass ein »Krieg gegen den Terror« notwendig sei. Die Fähigkeit der Regierungen, den Einsatz von Gewalt als Maßnahme zum Schutz des Rechts und des Friedens darzustellen, bleibt noch immer weitgehend unberührt.

Im Gegensatz zu den Protesten in Genua, Göteborg und Seattle, die unterschiedliche politische Gruppen und Aktionsformen miteinander verbanden und so den Eindruck einer breiten Ablehnung erzeugen konnten, sind die Antikriegsproteste häufig in die Logik »großer Koalitionen« zurückgefallen. Zusammengehalten werden sie vom kleinsten gemeinsamen Nenner: »Stoppt den Krieg - Frieden Jetzt!« Und vom Verzicht auf tiefer gehende Analysen.

Es geht in den Plänen der USA um harte Fakten und rohe Stoffe. Angesichts der Verstimmungen im Verhältnis zu Saudi-Arabien, einem Land, das für die USA zum unsicheren Kantonisten geworden ist, rückt der Irak, das Land mit den zweitgrößten Ölreserven der Welt, ins Visier. Ein von den USA beherrschter Irak könnte Saudi Arabien aus der Schlüsselposition zur Kontrolle des Ölpreises verdrängen.

Da die Träume der New Economy geplatzt sind und die Börsenkurse fallen, versucht die US-Regierung, durch die Förderung der Rüstungsindustrie die Wirtschaft anzukurbeln und gleichzeitig ihre Hegemonie und den Zufluss von strategischen Rohstoffen zu sichern. Dieser Militärkeynesianismus muss aber begleitet sein vom Kapitalzufluss aus anderen Ländern und von neuen Akkumulationsschüben, sonst verschärft diese Politik der Staatsverschuldung die Krise nur noch weiter.

Das ist zurzeit der Fall. So ist es auch ein großer Fehler, wenn die traditionelle Linke das Bild der omnipotenten USA zeichnet. Sie agieren nicht aus einer Position der Stärke, sondern der Schwäche. Doch gerade das macht die Situation so unberechenbar.

Eine solche Diagnose hat nichts mit dem viel beschworenen Antiamerikanismus zu tun, der Kriegsgegnern oft vorgehalten wird. Allerdings sollte die Antikriegsbewegung nicht in die Falle tappen, beim geplanten Krieg gegen den Irak ein zivilgesellschaftlicher Vorposten der EU zu werden.

Ebenso sollten Linksradikale, die an der alten Erkenntnis festhalten, dass der Hauptfeind im eigenen Land steht, nicht dem Irrwitz verfallen, man könne am besten attackieren, indem man einen US-Krieg gar nicht mehr verurteilt, nur weil die deutsche Regierung ihn im Moment noch ablehnt. So etwas wäre nicht nur zynisch, sondern auch kurzsichtig. Denn übersehen würde, dass die USA und Deutschland zwar mitunter »feindliche Brüder« und Konkurrenten, aber dennoch voneinander abhängig sind.

Denn die USA sind die Lokomotive der Weltkonjunktur, von der die anderen Ökonomien abhängen, auch wenn sie sich frei machen wollen. Nach den Wahlen nimmt die Bundesregierung wieder, dem »deutschen Weg« zum Trotz, zielstrebig Kurs auf die atlantische Partnerschaft. Sie will einerseits ein »zuverlässiger, aber gleichberechtigter Partner der USA« sein, der von Zeit zu Zeit seine Souveränität betonen muss; und sie vertritt andererseits die eigenen Interessen in der Region. So sammelt die BRD mit der Ablehnung des Krieges gegen den Irak Punkte in der arabischen Welt.

Die Antikriegsbewegung muss die unterschiedlichen Interessen analysieren und den Kontakt mit anderen sozialen Bewegungen suchen. Zurzeit bricht jenseits des Antlantik eine Bewegung auf, die von jungen kanadischen AktivistInnen über Indigenas in Chiapas bis zu argentinischen Piqueteros reicht, um gegen die militarisierte Verwirklichung der Amerikanischen Freihandelszone (FTAA) zu protestieren.

Auch in Europa wird es mit den Aktionen gegen die Nato-Tagung in Prag und gegen die »Sicherheitskonferenz« in München im Januar des nächsten Jahres Gelegenheiten geben, einen neuen widerständigen Raum zu schaffen, der nichts zu tun hat mit Nationalstaaten und Staatenblöcken.