Michael Moore im Doppelpack

Planet der Waffen

Nach dem Massaker in der Columbine High School von Littleton im Jahr 1999 war das Geschrei in ganz Amerika groß. »Warum?«, lautete die Frage, warum haben unsere Jungs das gemacht? Darauf gab es jede Menge Antworten. Schuld an der Katastrophe waren für die einen Heavy Metal, für die anderen »South Park« und für die meisten Marilyn Manson. Dieser Erkenntnis geht Michael Moore, der Prankster im Outfit des all-american guy (Schlabberlook über der Wampe, immer mit Baseballkappe auf dem Schädel), in seinem neuen Film »Bowling For Columbine« sofort nach. Er krallt sich Marilyn Manson und fragt ihn, was er den schießwütigen Kids mit auf den Weg gegeben hätte. Gar nichts, meint er. »Ich hätte ihnen zugehört, denn ihnen hat sonst niemand zugehört.«

Marilyn Manson als geduldiger Pädagoge kann also wohl doch nicht allein für das Gewaltpotenzial unter amerikanischen Jugendlichen verantwortlich gemacht werden. Genauso könnte, so Moores These, Bowling die Ursache für das Massaker in Littleton gewesen sein. Denn der Ort, an dem die jungen Killer zuletzt gesehen wurden, war eine Bowlingbahn. In Wahrheit aber, so Moore, liege das Elend Amerikas darin, dass man in jedem Kaufhaus fröhlich Patronen kaufen kann und sogar bei der Eröffnung eines Bankkontos in manchen Filialen ein Gewehr als Prämie bekommt.

Wie schon in seinem legendären Dokumentarfilm »Roger and Me« zeigt Moore das ganze Ausmaß an Absurditäten anhand persönlicher Erfahrungen, bei denen er sich filmen lässt. Er stapft in die Bank und stellt blöde Fragen, die aber eigentlich die richtigen sind. Beispielsweise die: »Ist es nicht ein wenig gefährlich, Waffen in einer Bank auszustellen?«

Michael Moores Taktik ist denkbar einfach. Er sieht aus wie ein Trottel, fragt wie ein Trottel, und am Ende soll all den wirklichen Trotteln ein Licht aufgehen: Stimmt, er hat Recht, der Kaiser ist wirklich nackt. Moore ist ein DIY-Prankster. Er klingelt einfach mal an Charlton Hestons Prunkvilla, verlangt Einlass beim Führer der National Rifle Association, Amerikas führender Waffenlobby, und er bekommt ihn auch.

Tu einfach mal was, verlange das Unmögliche, alles ist besser, als nichts zu tun! Darum geht es auch in »Stupid White Men«, dem aktuellen Buch von Moore, das in den USA genauso zum Bestseller avancierte, wie »Bowling For Columbine« zum Überraschungshit in den Independentkinos wurde. Das Buch ist eine Ansammlung von fröhlichem Schwachsinn mit gut recherchierten Fakten. Moore zeigt nicht nur, was vor und nach der Wahl George W. Bushs zum Präsidenten der USA alles schief lief, er macht auch Vorschläge. Arafat sollte mal den Gandhi machen, und um den Frieden im ehemaligen Jugoslawien wieder herzustellen, könnte man ja Tito klonen. Wie gesagt: Viel Schwachsinn. Andererseits: Vielleicht könnte Arafat ja wirklich mal den Sitzstreik testen.

»Bowling For Columbine«. R.: Michael Moore. Kanada, 2002. Start: 21. November.

Michael Moore: Stupid White Men. Piper Verlag, München 2002. 329 Seiten, 12 Euro.