Glatzen oder Miniröcke?

Messerstechereien in Berliner Diskotheken

In der Party-Szene der Hauptstadt »wird sofort zugestochen«. Das jedenfalls berichteten die Berliner Boulevardzeitungen, als am ersten Wochenende im Februar vor dem ehemaligen WMF in Berlin-Mitte ein Mann im Verlauf eines Streits durch Messerstiche getötet wurde. Die B.Z. wusste gleich, warum: »Zu viel Bier, zu viele Mini-Röcke.« Die passenden Bilder zeigten Polizeibeamte, die den Täter abführten, und natürlich Frauen in kurzen Röcken. Stellvertretend für uns alle fragte das Blatt: »Wie sicher sind unsere Diskos?«

Die Beantwortung dieser und anderer Fragen ist nicht ganz einfach. Und die Presse trug noch zur Verwirrung bei. Die B.Z. nannte als Ort des Geschehens zum Beispiel den »2be Club«. Das »2be-Eventmarketing« reagiert jedoch sehr ungehalten auf Nachfragen. Sollte der Name des Clubs erneut im Zusammenhang mit dem Vorfall auftauchen, droht die Pressestelle mit dem Anwalt. Denn die Bezeichnung beziehe sich nur auf wöchentliche Veranstaltungen am Freitag, der Todesfall habe sich aber in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag während der »Boogie Nights«-Party ereignet.

Diese Richtigstellung fand sich auch auf der Homepage des Veranstalters dieser Party, Lioneye. Inzwischen hat die Tri GmbH, die das Gebäude in der Ziegelstraße 23 als »Event Location« an verschiedene Gruppen vermietet, Lioneye die Räume gekündigt. »Nach dieser Eskalation die richtige Konsequenz«, heißt es dazu bei der Tri GmbH.

Das ehemalige WMF, auch XMF oder XWMF genannt, ist schon eine komplizierte Angelegenheit. Noch undurchschaubarer sind die Ursachen der tödlichen Konfrontation. Für die B.Z. ließen »zu viele Blondinen in Superminis und hohen Absätzen die Party-Löwen zu Hitzköpfen werden«.

Bei der Polizei ist nichts über den Anlass des Streits bekannt, wohl aber, dass sich »viele Menschen mit ziemlich kurzen Haaren, vorwiegend aus den Bezirken Marzahn und Hellersdorf« auf der Party aufhielten. Das hatte auch ein Besucher beobachtet, der im Internetforum Indymedia Personen »aus dem Ostteil der Stadt« beschrieb, die »eindeutig dem rechten Spektrum zuzuordnen waren«. Die Polizei hält einen politischen Zusammenhang für ausgeschlossen. »Überhaupt keine Rechtsextremisten« will die Tri GmbH gesehen haben.

Eine zweite Messerstecherei ereignete sich am selben Wochenende in der Diskothek »Palace« im Bezirk Wedding. Auf der Damentoilette stachen zwei deutsche Frauen auf zwei Jugoslawinnen ein. Die Opfer mussten im Krankenhaus behandelt werden. Hier sprach die B.Z. von »Türkinnen«, ein fremdenfeindliches Motiv schlossen sowohl die Polizei als auch die Betreiber der Disko aus. Der besagte Abend sei eine Black Music Night mit »Multi-Kulti-Publikum« gewesen. Die beiden Täterinnen seien hinlänglich polizeibekannt und hätten Kontakt mit »Leuten aus dem arabischen Raum«. Für einen Mitarbeiter des »Palace« ist der Vorfall vor allem ein Sicherheitsproblem. Eine Frau schaffe es immer irgendwie, ein Messer zu schmuggeln.

Miniröcke oder Glatzen? Wir werden es wohl nie erfahren. Es sei denn, wir gehen selbst mal wieder auf Clubtour.

arne norden