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Arafat sucht Premierminister

Palästinensische Gebiete. Noch ist er der Boss. »Ich habe entschieden, einen Premierminister zu ernennen«, verkündete Yassir Arafat am Freitag der vergangenen Woche, »ich werde ein sofortiges Treffen des Palästinensischen Legislativrats und des Zentralrats (der PLO) einberufen, um diese Entscheidung zu diskutieren und die notwendigen Maßnahmen zu treffen.« Ob sich die Machtverhältnisse nun ändern werden, bleibt allerdings fraglich. Arafat mochte sich nicht über die Befugnisse des Premierministers äußern und ließ auch offen, wann er ihn ernennt.

Eine Reform der palästinensischen Autonomiebehörde (PA) wird von Israel, den USA und der EU seit langem gefordert. Nach der Wiederwahl Ariel Sharons in Israel hält es Arafat offenbar für ratsam, solchen Forderungen wenigstens formal nachzukommen. Die PA verbreitet zudem Plakate, auf denen ein Ende der Raketenangriffe auf Israel gefordert wird und hat nach eigenen Angaben in Gaza eine Zelle der islamistischen Hamas zerschlagen. Allerdings hat Arafat in der Vergangenheit immer dann Kompromissbereitschaft gezeigt, wenn er unter starkem Druck stand, um so bald wie möglich zu seiner alten Politik zurückzukehren.

Besser Heide als Kreuzfahrer

Al-Qaida. Genauere Analysen stehen noch aus, aber die CIA ist »fast sicher«, dass auf dem in der vergangenen Woche vom Sender al-Jazeera veröffentlichte Band tatsächlich die Stimme von Ussama bin Laden zu hören ist. Über die Streitfrage, ob al-Qaida und das irakische Regime zusammenarbeiten, geben seine Aussagen keinen Aufschluss. Er bezeichnet die Führer des Irak zwar als »Ungläubige« und bemängelt: »Gekämpft werden sollte nur für Gott, nicht zur Unterstützung des Nationalismus und heidnischer Regimes«. Verteidigen müsse man den Irak aber dennoch gegen die »Kreuzfahrer«, meint bin Laden, der auch gleich einige gute Ratschläge zum Bau bombensicherer Unterstände offeriert.

Brisant ist vor allem die Aufzählung jener Länder, die bin Laden als »reif für die Befreiung« bezeichnet. Neben den Zentren seiner Aktivitäten wie Jemen, Saudi-Arabien und Pakistan finden sich hier auch Marokko, Jordanien und Nigeria. Im vergangenen Jahr folgten den öffentlichen Stellungnahmen bin Ladens innerhalb weniger Wochen Anschläge, die den zuvor verkündeten strategischen Leitlinien folgten.

Kein Schweiß für Öl

Nigeria. »Wir haben mit der Stilllegung heute begonnen«, erklärte Femi Familoni, Sprecher der Ölarbeitergewerkschaft Pengassan am Samstag. Nachdem die Regierung ein Ultimatum der Gewerkschaft hatte verstreichen lassen, stellten die Angestellten des staatlichen Department of Petroleum Resources (DPR) ihre Arbeit in den Verladeterminals ein. Wenn die Regierung sich nicht zu Zugeständnissen bereit findet, soll der Streik ausgeweitet werden. Pengassan fordert die Zahlung ausstehender Löhne und Zuschläge, aber auch eine Reform des DPR.

Nigeria ist der sechstgrößte Ölproduzent der Welt und exportiert knapp zwei Millionen Barrel pro Tag. 95 Prozent davon werden in Joint Ventures der Regierung und westlicher Ölkonzerne gefördert, das DPR koordiniert Produktion und Export und ist damit von zentraler Bedeutung für die Verteilung der Öleinnahmen innerhalb der Oligarchie. Von der gewerkschaftlichen Forderung, das DPR zu einer autonomen Institution zu machen, will die Regierung deshalb nichts wissen. Selbst verhandeln möchte Rilwanu Lukman, der Energieberater des Präsidenten Olusegun Obasanjo, erst am 25. Februar.

Kontraktarbeit fürs Pentagon

Kolumbien. »Wir haben sie, wir haben sie.« Dieser abgehörte Funkspruch deutet nach Angaben der New York Times auf die größte linksgerichtete Guerilla Kolumbiens, die Farc, hin. Am Donnerstag der vergangenen Woche war eine Cessna 208 bei einem geheimdienstlichen Aufklärungsflug nahe der bis ins vergangene Jahr von der Farc kontrollierten Zone abgestürzt. An Bord waren vier US-Bürger und ein kolumbianisches Mitglied des Armeegeheimdienstes. Der Kolumbianer und ein US-Amerikaner wurden mit Schussverletzungen tot nahe den Trümmern des Flugzeugs gefunden, von den drei weiteren fehlt seither jede Spur; es wird angenommen, dass sie gekidnappt wurden.

Der Washington Post zufolge arbeiteten die abgestürzten US-Amerikaner »vertraglich für das Pentagon«. Nun ist eine Suchaktion im Gange, mit von den USA gelieferten Hubschraubern. Möglicherweise werden die Kontraktarbeiter des Pentagon eine Rolle bei einer Austauschaktion spielen, auf die die Farc nach Angaben der Washington Post hofft: kolumbianische Politiker gegen eine Reihe von mittleren Guerillakommandeuren.

Fluchen bleibt erlaubt

Russland. Die meisten Russen dürften aufgeatmet haben, als der Föderationsrat, das Oberhaus des russischen Parlaments, das von der Duma Anfang Februar verabschiedete Gesetz zur Reinigung der Sprache am Mittwoch der vergangenen Woche mit großer Mehrheit verwarf. Die Parlamentarier hatten beschlossen, den öffentlichen Gebrauch »vulgärer« und »obszöner« Ausdrücke nur noch in künstlerischen Werken zu tolerieren und die Benutzung von Fremdwörtern, für die es eine russische Entsprechung gibt, zu verbieten.

»Wenn dieses Gesetz in Kraft tritt, müssten etwa 30 Artikel der russischen Verfassung geändert werden«, stellte Sergej Mironow, der Sprecher des Föderationsrats fest. Schon ihr Titel »Konstituzija Rossiskoj Federazija« enthält zwei Fremdwörter, im Gesetzentwurf selbst finden sich deren 16. Und auch Präsident Wladimir Putin kann den Versuchungen der Obszönität nicht immer widerstehen. Einem Journalisten empfahl er, sich beschneiden zulassen, »so dass nichts mehr nachwächst«.