Nachrichten

Shoppen ohne Chips

Flüchtlingspolitik. Kaum zu glauben, aber der Sparwahn in Berlin hat auch positive Folgen. Die Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) will die angeblich hohen Kosten für AsylbewerberInnen senken. Deshalb dürfen sich Flüchtlinge möglicherweise in Zukunft selbst Wohnungen suchen, weil das billiger ist, als sie in Heime zu stecken. Aber es kommt noch besser: Fünf Jahre nach ihrer Einführung wird die Chipkarte für Sachleistungen wieder abgeschafft. Bisher erhält die Chipkartenfirma Sodexho 1,5 Prozent dessen als Provision, was die rund 2 700 unter Landesobhut stehenden Asylbewerber ausgeben. Diese erhalten ab 1. Juli wieder Bargeld. Drei Berliner Bezirke wollen sich allerdings nicht von dem elektronischen Zahlungsmittel trennen. Die Sozialstadträte von Spandau, Tempelhof-Schöneberg und Reinickendorf fürchten eine »Zweckentfremdung« des ausgezahlten Geldes.

Wenig erfolgreich verliefen hingegen die Gespräche zwischen den in Berlin-Grünau inhaftierten Abschiebehäftlingen und dem Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Die Forderungen nach besseren Haftbedingungen bleiben weiterhin unerfüllt. Mehr als 60 Flüchtlinge nahmen deshalb am 10. Februar den für zwei Wochen unterbrochenen Hungerstreik wieder auf. Am selben Tag versuchte auch ein Abschiebehäftling, sich zu erhängen.

Göttingen wird revolutionär

Attac/Göttingen. »Die neoliberale Globalisierung ist keineswegs schicksalhaft und alternativlos. Sie ist von den Regierungen der großen Industrieländer und mit Hilfe von Internationalem Währungsfonds (IWF), Weltbank und Welthandelsorganisation (WTO) zielgerichtet betrieben worden.« Hinter dieser Erkenntnis steht seit kurzem die Stadt Göttingen. Am 7. Februar stimmte der Rat der Stadt mit den Stimmen der Grünen und der SPD, die ja bekanntlich auch die Bundesregierung stellen, sowie der PDS einer Erklärung der Kommunen zur Unterstützung von Attac-Deutschland zu. »Dem ungezügelten Casinokapitalismus« sei ein Regulativ entgegenzusetzen, begründete der Rat seine Entscheidung.

Und hierfür gebührt ihm Dank. Denn im Zentrum der kommenden Revolution geht es von nun an dem Casinokapitalismus und der Globalisierung an den Kragen. Gerüchte, dass die Stadt auch über einen Beitritt zu Terre des Hommes, zum Bund der Steuerzahler und zum Verein Schalke 04 nachdenkt, konnten bisher nicht bestätigt werden.

Noch gesund?

Attac/Antisemitismus. »Für alles ist Geld da, nur nicht für die Jugend. Letztens hat der Staat schon wieder drei Millionen für die Juden ausgegeben«, empörte sich der Sprecher von Attac in Trier, Wolfgang Schmitt, auf einer Veranstaltung in der Universität im Dezember. Besucher der Veranstaltung, darunter auch Attac-Mitglieder, veröffentlichten die Äußerungen. Schmitt legte nach: »Die Tatsache dass die Bundesregierung dem Zentralrat der Juden drei Millionen Euro für die Förderung des Judentums in Deutschland zur Verfügung gestellt hat, hat bei mir das Maß voll gemacht. Warum muss das in Anbetracht leerer Staatskassen sein, dieser Kotau vor dem Zentralrat der Juden?« Erst nach heftigen Diskussionen in der Attac-Regionalgruppe trat er zurück.

Der Vertreter des der PDS nahe stehenden Jugendverbandes Solid im Attac-Ratschlag auf Bundesebene, Sascha Wagner, warf den Grünen innerhalb der Regionalgruppe und anderen Attac-Mitgliedern wegen ihrer Kritik an Schmitt daraufhin Linkssektierertum vor. »Für gesunde linke Politik ist da kein Platz mehr«, klagte er.

Letzte Ausfahrt Peenemünde

Wehrmachtsausstellung. Eigentlich war schon alles klar. In Prora auf der Insel Rügen sollte im Sommer die Ausstellung »Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944« des Hamburger Instituts für Sozialforschung gezeigt werden. Die Vorbereitungen für die Eröffnungsveranstaltung liefen auf Hochtouren. Alle Beteiligten schienen sich einig zu sein, dass Prora, genauer: das von den Nationalsozialisten erbaute ehemalige Seebad (»Kraft durch Freude«), das später von der Nationalen Volksarmee der DDR genutzt wurde, sich ganz besonders als Ausstellungsort eigne. Das meint auch die Stiftung Neue Kultur, die seit zehn Jahren dabei ist, dort ein Dokumentationszentrum aufzubauen.

Ende des vergangenen Jahres aber meldete die mecklenburgische Landesregierung plötzlich, dass in diesem Zeitraum dort ein großes Jugendprojekt geplant sei. Auch sprächen eine bessere Sicherheitslage, bessere räumliche Bedingungen und die größere Zustimmung der örtlichen Bevölkerung dafür, die Ausstellung stattdessen in Peenemünde auf Usedom zu zeigen. Jetzt hat sich ein Personenkomitee »Pro Wehrmachtsausstellung auf Rügen« gegründet, das für die Beibehaltung der Pläne kämpft. Es will das alte KDF-Bad als Ort der Erinnerung betonen und ein Zeichen setzen gegen den Rechtsextremismus in der Gegenwart. Die Organisatoren sind übrigens der Meinung, dass die beiden geplanten Projekte einander gar nicht im Wege stehen.

Neue Masche

Polizei online. Möchten Sie sich gern für die freundlichen Worte eines brandenburgischen Polizeibeamten bedanken? Wollen Sie wissen, wie viele Menschen im vergangenen Jahr bei Verkehrsunfällen in Brandenburg gestorben sind? Oder sich für den gehobenen Dienst bei den Staatsschützern bewerben? Kein Problem, das alles geht jetzt ganz leicht, dank der ersten Polizeiwache im Internet. Unter www.internetwache.brandenburg.de lächelt Sie eine freundliche Polizistin an und fragt, was sie für Sie tun kann. Darüber hinaus erfahren Sie, welche Tricks die Nepper, Schlepper und Bauernfänger auf Lager haben. »Neue Masche: Räuber nutzen Internet.«