eurokebab

Der Schriftsteller ze do rock plädiert für den EU-Beitritt der Türkei

Naja, sagen die einen, wenn wir die ganze meute vom Balkan mitnehmen, kann ma die Türkei doch auch gleich mitnehmen, odor? Drauf zahlan tü ma sowieso, also was soll das ganze theater? Die andren wiederum könnön sich mit dem gedanken doch nich so richtig anfreunden.

Geögrafisch kann ma das so odor so sen. Die türkün sind teilweise auf europäischem bodon geboron, teilweise auch nich. So kann ma die türkün als europäer sen, wenn ma dafür is, odor abar als asiaten, wenn man eer was dagegen hat. Sie sind euro-asiaten, abar euro-asiaten sind keine euros, euros sind ja bekanntlich mer wert. Der erste unturschid, der den beitrittsgegnern warscheinlich einfällt, is die religion. Es gibt zum beispiel die plümpün unturstellungen mancher pölitiker, moslems hätten kein gesetz, das inen das tötön verbietet. Natürlüch ham sie so ein gesetz. Kristentum is judaismus plüs Kristus, Islam is kristentum plüs Mohammed. Mohammed is zwar selber eher unsanft mit seinen feinden umgegangan, das waren abar die befehle Gottes. Das kennen wir vom kristentum auch. Ma tötöt nich, ausser es geht nich andas. Und es geht öftörs nich andas. Der unturschid heutzütage is eher, das ein tötüngsverbot im Islam öftörs befolgt wird als im westen. In ganz Saudiarabien gibt es warscheinlich weniger morde in eim jahr als in New York in einer stunde.

Ma glaubt, unsa Gott haysst Gott und ihr Gott haysst Allah. Abar die kristlichen niderländer nennen ihren Gott »God«, /chod/ ausgesprochen, die moslemischen iranar nennen ihn /choda/. Indoeuropäer halt. Andrasayts sagen kristliche syra und libanasen »Allah« zu ihrem Chod. In Malta sprechen die leute ein arabischin dialekt, sind abar kristen, so das man an ayna Marienstatue dört liest: Maria, Mutta Allahs.

Also intolerant gegenübür andren religionen will ma nich sayn. So umschraybt man diese aversion, indem ma sagt, sie gehörön zu aym andren kültürkrays. Da werden vile pölitikir übürheblich und nennen unseren kültürkrays »die zivilisation«: »Die zivilisation is angegriffen worden«. Ja welche denn? Die, die 6 milionen andasgläubige vergaste, ödör die, die 12 milionen andashäutige versklavte? Waren die länder, die die weltkrige ausgetragen ham, moslemish odor kristlich? Die letzten 50 jahre waren etwas ruiga in Europa, abgesehen vom massaker, das ma gegen moslems im ex-Jugoslavien veranstaltet hat. Sollen wir die kültür und die syfilisation bay den cowboyländlan suchen, die mindestens die hälfte der krige im 20. jahrhündürt verursacht ödör zumindist in ihnen verwickelt waren? Nennt ma das essen von plastikflayschbületten auf morschen brötchen »die kültür des westens«? Is es wirklich so vil besser als ayn döner? Is die westliche freiheit die freiheit, als 10jährigir durch die gegend zu ballan?

Ma könnte maynen, der unturschid is, das unsere regirüngün ayne strikte trennung zwischen stat und religion ham, abar dise trennung gibt es in der Türkiye schon sayt langam. Nur, im gegensats zu Bayern, wö krüzifixe in den klassanzimman hengen, wird si in der Türkiye auch ayngehalten.

Ayn gern gefürtüs argument is das felen ayna echten demokrati in der Türkiye. Natürlüch ham si ayne demokrati, si hatten grade wahlen. Ja, alles getürkt, könntö man entgegnen, fil korupzion übürall. Ich kann nur sagen, nich nür di türkün tun öftörs deutscheln, auch di deutschen tun oft türken. Wenn es so wayta geht, kann di deuçe repüblik bald bananen expörtiren. Aussadem gibt es aynige andre kandidatenländer, di korupta sind als di Türkiye.

Und das land macht fast teglich zugestendnisse. Todesstrafe abgeschaft, foltor aufs nötigste redüzürt, kömprömissberaytschaft bay der Zypan-Frage. Das macht di eurokebabgegner noch nervösör. Was is, wenn di Türkiye alle anförderungun erfült? Manche werden sich geschlagen geben, andre werden sich kempferisch zaygen: Di demökrati wurde den türkün vön öben aufgezwüngün. Tatsache is, das Deuçland sayt 50 jaren ayne aynigamasen stabile demökrati kent, ünd zwar nich fön öben sondön fön aussen aufgezwüngün. Wi lange sind di deuçen, di indoeuropäer in Europa? Firtausend jare? Egal, damit ferglichen sind 50 jare recht wenig. Ünd wer ways schön, das in der Türkiye fraun sayt lengerer zayt welen dürfün als in Frankraych? Wer wayss schön das am anfang des 20. jarhündürts flwedifle menner sich automatisch schayden lassen konnten wenn si nür angaben, di braut war kayne jungfrau mer?

Ünd da wer nöch das argüment mit der bündnistreue: am ende machen di türkün nöch gemaynsame sache mit den irakan! Bis jetz sit es abar eer sö aus, als würdün di moslemischen türkün fil mer an der befridungsaktion der amerikanar taylnemen als di kristlichen deuçen. Bay disem krig machen di deuçen nich mit, er is zü teuer ünd ünpöpulär. Baym übürnexten mal filaycht, gegen aynen disir staten di ma schürkenstaten nennt. Wenn man sich di weltkarte der schürkenstaten anschaut ünd dann di weltkarte der länder, di di tödesstrafe akseptiren, deken sich bayde karten fast hargenau, mit dem üntürschid, das in der weltkarte der schürkenstaten di USA felen. Klar, si ham di definition kreirt ünd di karte gemacht.

Es gibt abar auch genügünd baytrittsgegner, denen der zivilisatörische aspekt schnürzegal is. Was zält, sind di möneten. Di Türkiye würdü Doyçland 5 miliarden eurö jerlich köstön, ödör sö was. Das würdü 60 eurö prö köpf im jar bedoyten. Damit kann ma ayn par mal essen gen. Güt, würd ich zalen, damit di türkün a ruah geben. Öne gröse begaysterüng, müss ich sagen, wayl ich sö üngern zal. Di fürcht fila doyçe is dann, das Syria auch rayn möchte, Jordan, Iraq, China. Das is dann kayn gemaynsamar markt mer, das is ayn gemaynsamer bazar! Fön ünten schrayt Tanzania schon, si wöllen auch ayn stük föm kuchen. Si maynen, wir kömmen alle aus Afrika, wir sind bröthers. Abar di EU müsst ja nich di türün für di andren aufmachen, das sind ja bekantlich alles asiaten ünd kayne euröpäer. Bay den türkün kann ma diskütüren, aba wenn si sich an di regeln halten, warum nich? Wi bay den andren. Ünd wenn ma nür im froynd-faynd-schema denken kann, is es döch besser, froynde in Asia zü ham als faynde in Europa. Wobay ich hir nür mayne maynüng widagebe, ünd ich hab ayn gewisses ferstendnis dafür, wenn file dise rechnung nich zalen wöllen. Si hams halt nich bestellt.

Ich bin nür nich aynferfltanden wenn di zalüngsünwilligkayt aygentlich nür ayne ausrede für ire difüsen ost-ängste is. Es gibt tatsächlich loyte, di di vizyon ham, türkifle hördön könntön bald mit dem aufbau fön nömadenzelten bay Passau ödör Landsberg anfangen.

Aynmal bin ich fön Win nach Budapest getrempt, ayn östraychifla farar nam mich ayn stük des veges mit. Irgendvann fing er an zü erzelen, das dört rechts der landstrase di festüngsanlagen der rüssen – ich mayne, der türken standen, bay der belagerüng fön Win. Ja, ünd immir vida kömmt er auf di rüssen – ich mayne, di türkün. Immir widir dise ferwekslüng. Für ihn sind es halt di hördön föm östön, di sayt jartausenden üns übürfallan. Di angst för dem östmenflen vird varflaynlich baym homos europicus genetifl vaytagegeben. Was, di indoeuropäer varen früer selber asiatifle mördörhördön? Ja güt, das var damals, jetz völlön vir ünsere rüe.

Ünd dann ver nöch di frage zü kleren, vi’s mit Europa vaytaget. Ich kann mir güd förstellen, das es ayne lange zayt brauchen vird, üm disen ganzen klumpen lender zü ferdaun. Da Izmir übel. Filaycht kann di EU dann speter vayta expandiren, jedöch in aym langsameren rütmüs. Filaycht könntö di asoziirung EU-Mercosur (das is der südamerikanifle gemaynsame markt, der mit der EU in filen pünkten züsammenarbaytet) am ende zü ayna füzyon fürün. Wenn Argentina nich wida disen hustenanfall krigt, der sich immir mer wi ayne lüngünentsündün anhört. Wir im Mercosur sind emirhin kayne möslems, nich aynmal ünsere araba sind möslems söndan kristen. Wir sind kristlicher als Europa. Ünd wir ham ni halb Europa besetst. Passt ya alles.

Am ende is di ganze velt in der Veltünyon, di abar im gegensats zür UN auch funksyonirt. Nür di USA sind nich drin, vayl di nür mitmachan venn si di befele geben dürfün. Das get aba layda nich.

Ya, es is flön zü troymen. Ayne velt öne grensen. Im fall der Türkiye vird es för ünd nach dem baytritt sicher problemeler geben, dafür vird filaycht döner kebab billiga. Und last but not lüst, venn flön Ale dabay sind, darf döch Ali nich felen!

Ze do Rock ist 1956 im brasilianischen Porto Allegre geboren und lebt heute zumeist in München. Gerade ist im Verlag Antje Kunstmann sein neues Buch »Deutsch Gutt Sonst Geld Zuruck« erschienen.