Ruhig gestanden!

ich-ag der woche

Was ist nur aus dem deutschen Soldaten geworden? In Fernsehberichten aus Kabul sieht man ihn, wie er durch den Hof seiner Unterkunft marschiert; er hat sich blaue Müllsäcke über die Stiefel gezogen, damit seine Füße nicht nass werden. Soldaten anderer Nationen schützen ihn vor all dem Bösen, das außerhalb der Kaserne wartet, im Inneren umsorgen ihn Psychologen und Geistliche, damit er dem Druck gewachsen bleibt.

So gehätschelt, ist er immer noch nicht zufrieden. Folgt man dem soeben vorgelegten Jahresbericht des Wehrbeauftragten Wilfried Penner, so kann der Eindruck entstehen, dass der deutsche Soldat seinem Job nicht gewachsen ist und dass er deswegen gerne quengelt. Im Jahr 2002 stieg die Anzahl der Beschwerden um ein Drittel auf fast 6 500, etwa 1 200 Soldaten beschwerten sich bereits in den beiden ersten Monaten dieses Jahres.

Nur die wenigsten Eingaben betreffen ernste Probleme wie sexuelle Übergriffe, rechtsextremistische Delikte oder Misshandlungen im Dienst, häufiger geht es um die Qualität der Sicherheitsausstattung, der Unterbringung und der Betreuung. Viele Beschwerden behandeln die Höhe des Soldes oder die der Zulagen für Auslandseinsätze, deren Länge ebenfalls bemängelt wird. Zudem sorgen sich nicht wenige wegen des anstehenden Irakkrieges.

Anders gesagt: Der deutsche Soldat wäre am liebsten bei hohen Bezügen zu Hause in seinem rundum gesicherten und komfortablen Eigenheim, wo er trockenen Fußes mit seiner Familie, seinem Therapeuten und seinem Pfarrer Eingaben gegen den Irakkrieg verfasst bis er in den Vorruhestand gehen kann. Denn der ist bei den deutschen Soldaten zurzeit besonders beliebt.

maik söhler