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Drohung oder Bluff?

Nordkorea/USA. Aus dem Irakkrieg lernen heißt klotzen lernen.

In dreitägigen Gesprächen zwischen US-amerikanischen und nordkoreanischen Diplomaten in Peking sollen die Abgesandten Kim Jong Ils erstmals zugegeben haben, im Besitz von Atomwaffen zu sein. Nach Angaben der Washington Post habe der nordkoreanische Delegationsleiter, Ri Gun, nicht nur behauptet, solche Waffen zu besitzen, sondern für sein Land auch das Recht beansprucht, sie zu testen, zu exportieren und einzusetzen. Von nordkoreanischer Seite wurde dies zunächst weder bestätigt noch dementiert.

Man sei nicht überrascht, sagte Richard Boucher, der Sprecher des US-Außenministeriums. Bisher sei man von zwei Nuklearsprengköpfen ausgegangen. Da der nordkoreanische Unterhändler Ri aber nach Angaben der Washington Post behauptet hat, alle 8 000 verbrauchten nuklearen Brennstäbe Nordkoreas seien in jüngster Zeit wieder aufgearbeitet worden, könnte das Land mittlerweile über weitere sechs bis acht Atomwaffen verfügen. US-Außenminister Colin Powell erklärte knapp, die USA ließen sich nicht einschüchtern.

Punktsieg für Abbas

Palästinensische Gebiete. Ihre Regel, jeden neuen Ansatz zu Friedensverhandlungen sofort mit einem Selbstmordanschlag zu beantworten, haben palästinensische Extremisten auch diesmal eingehalten. Nur wenige Stunden nach der Einigung über ein neues palästinensisches Kabinett tötete am Donnerstag der vergangenen Woche ein Attentäter vor dem Bahnhof von Kfar Sava einen Wachmann.

Islamistische und nationalistische Milizen fürchten, dass der neue Sicherheitsminister Mohammed Dahlan sich ernsthaft um ihre Entwaffnung und die Verhinderung von Terroranschlägen bemühen wird. Yassir Arafat hatte sich gegen die Nominierung Dahlans gewehrt, in den zehntägigen Verhandlungen aber nur dessen Ernennung zum Innenminister verhindern können. Dieses Ressort soll Premierminister Machmud Abbas zusätzlich übernehmen. Während Abbas die Handlungsfreiheit seiner Regierung im Umgang mit den Milizen durchsetzen konnte, musste es akzeptieren, dass Arafat in Verhandlungen mit Israel das letzte Wort behält.

Kleriker vor Gericht

Indonesien. Die Polizei macht den islamischen Geistlichen Abu Bakar Bashir, den mutmaßlichen Führer der Jemaah Islamiah, weiterhin für den Anschlag in Bali im Oktober 2002 (Jungle World, 44/02) verantwortlich und unterstellt ihm Kontakte zu al-Qaida. Doch in der Anklageschrift tauchen diese Vorwürfe nicht auf. Bashir muss sich seit letzter Woche wegen Hochverrates vor einem Gericht in Jakarta verantworten, er soll terroristische Anschläge unterstützt und einen Staatsstreich zur Etablierung eines islamistischen Regimes vorbereitet haben. Er bezeichnete die Vorwürfe als »Lügen aus Amerika«.

Tatsächlich dürfte der Prozess ein Versuch der gegenüber militanten Islamisten bisher konzilianten Präsidentin Sukarnoputri Megawati sein, die US-Regierung von ihrem Engagement im Kampf gegen den Terror zu überzeugen. Die Bush-Administration versucht bereits seit zwei Jahren, einen Bann des US-Kongresses aufzeheben, der die militärische Zusammenarbeit mit Indonesien betrifft. Ein Urteil gegen Bashir könnte zögerliche Parlamentarier von der Zuverlässigkeit des asiatischen Partners überzeugen.

Frühlingsjubiläum

Algerien. Es waren immerhin noch mehrere zehntausend Menschen, die am vorletzten Sonntag und dem folgenden Montag in kabylische Städte demonstrierten. Die berbersprachige Region im Nordosten Algeriens beging einen doppelten Gedenktag. Am 20. April 1980 brach der »berberische Frühling« aus, damals forderte die Bevölkerung vom Einparteienregime der FLN vor allem kulturelle Rechte. Im April 2001 begann ein mehrere Wochen andauernder Massenprotest, der Hunderttausende mobilisierte.

Nach wie vor vermögen die Aarouch, ein System von Dorf- und Stadtteilversammlungen, das Elemente der vormodernen Gesellschaft mit demokratischen Zügen mischt, den Protesten keine Perspektive zu geben. Ihre Forderungen bleiben überwiegend kultureller Natur, während die jugendliche Basis vor allem durch das soziale Desaster motiviert ist, das ganz Algerien ergriffen hat. Die Ausdehnung der Proteste auf das übrige Algerien ist insgesamt misslungen, allerdings solidarisierten sich Studierende dreier Universitäten in Algier, angeführt von marxistischen Gruppen sowie kabylischen Studenten, mit den Protesten. Ein enormes Polizeiaufgebot hinderte sie daran, auf den Straßen zu demonstrieren.

Fakten binden nicht

USA. Einen riesigen selbst gebastelten Turnschuh hatten Demonstranten vor dem Obersten Gerichtshof in Washington platziert, als es letzte Woche zur ersten Anhörung im Fall »Nike gegen Kasky« kam. Marc Kasky, ein Langstreckenläufer aus Kalifornien, beschuldigt Nike Inc. der vorsätzlichen Falschaussage über ihre Schuhfabriken in Entwicklungsländern. Nike weist diese Vorwürfe mit der Begründung zurück, dass es sich nicht um Werbung, sondern um firmenpolitische Mitteilungen gehandelt habe und beruft sich auf das Recht der Redefreiheit.

Die Richter zeigten sich vorerst überzeugt von diesem Argument und sagten, »man dürfe niemanden auf Grund von Fakten die Hände auf den Rücken binden, um ihn zum Schweigen zu bringen«. Sollte Kasky den Prozess gewinnen, könnte es Nike dennoch die Sprache verschlagen, denn der Kläger fordert die Rückzahlung aller Gewinne, welche die Schuhmacher in Kalifornien seit 1997 erzielt haben. Die Frage, wo Werbung aufhört und Firmenpolitik anfängt, wird aber erst im Juni endgültig entschieden werden.