Babyschwimmen

Sportarten im Selbstversuch V: Plitsch, platsch!

Was jetzt kommt, ist eigentlich Betrug. Denn Babyschwimmen ist natürlich keine Sportart. Und auch der Begriff Babyschwimmen ist Betrug. Die Babys schwimmen nicht, sondern werden von ihren Eltern auf Brusthöhe im Wasser gehalten, auf Schwimmmatten gesetzt bzw. gelegt und auf dem Rücken oder Bauch durchs Schwimmbecken gezogen.

Schwimmbecken, das ist schon der nächste Betrug. In großen Bädern wird so ein Becken, wie es fürs Babyschwimmen verwendet wird, Ruhe- oder therapeutisches Becken genannt. Die meisten Schwimmbäder haben so etwas überhaupt nicht. Das Babyschwimmbecken, das ich gelegentlich mit meiner Tochter besuche, ist etwa vier Meter breit und fünf Meter lang, in ihm schwimmen allerlei Bälle und Plastikfische, die Wassertemperatur beträgt 36 Grad, es gehört zu einer therapeutischen Praxis in Berlin-Neukölln.

Gehalten von ihren Vätern oder Müttern, beide zusammen dürfen nur beim Eltern-und-Kind-Schwimmen ins Becken (das ist angeblich etwas ganz anderes und teurer ist es auch), tummeln sich also acht Babys je nach Alter 30 bis 45 Minuten lang unter der Aufsicht einer Kursleiterin im Wasser. Es wird viel gesungen und reichlich motiviert, die Kinder werden gelegentlich gestupst (das nennt man dann Tauchen) oder angeschoben (das nennt man dann Schwimmen), einige planschen fröhlich herum, manche schreien, andere lassen alles teilnahmslos über sich ergehen und am Ende ist auf jeden Fall weniger Wasser im Becken als vorher.

Die Kurse sind nicht ganz billig, aber weil den Babys und Kleinkindern die Angst vorm Wasser genommen werden soll, lohnt es sich wohl. Wie man hört, lernen Babyschwimmer das Schwimmen schneller als Nichtbabyschwimmer, sie brauchen später angeblich keine Schwimmflügel und bewegen sich im Wasser selbstbewusster.

Ob das alles stimmt, weiß ich nicht, und es ist mir auch ziemlich egal. Denn ich habe von meiner Tochter gelernt, das alles, was Spaß bringt, unbedingt und immer wieder gemacht werden muss, und alles, was keinen Spaß macht, zu unterbleiben hat. Das klappt zwar nicht immer, aber da meine Tochter erst 14 Monate alt ist, habe ich ja gerade erst zu lernen angefangen.

Und Spaß haben die meisten Kinder beim Babyschwimmen, die meisten Eltern sowieso, wenn auch die Zeit nach dem Schwimmen recht stressig sein kann. Man selbst muss, nass wie man ist, erstmal jemand anderen abtrocknen, eincremen, kämmen und anziehen. Anschließend, während man sich um sich selbst kümmert, muss man auch noch darauf achten, dass die soeben Angezogene nicht schon wieder in irgendwelche Pfützen patscht, in Spinde klettert, die sie nichts angehen, oder anderen Kindern den Schnuller klaut. Gerade angezogen, ist man schon wieder schweißnass.

Babyschwimmen ist also anstrengend, und das ist es, was es meiner Ansicht nach zu einer Sportart und den Betrug nicht ganz so schlimm macht. Außerdem schläft meine Tochter am Abend nach dem Schwimmen früher und besser ein als sonst. Mir geht es genauso, und das passiert sonst nur, wenn ich Sport getrieben habe.

maik söhler