Falsch gedacht

Kommunalwahlen in Spanien

Wer dachte, die größte Protestbewegung in der jüngsten spanischen Geschichte werde auch zur einem fulminanten Niedergang der konservativen Volkspartei (PP) und gar zu einem Machtwechsel zumindest auf regionaler Ebene führen, hat sich getäuscht.

Der monatelange Lärm auf den Straßen hatte keinen Einfluss auf die Ergebnisse der Kommunalwahlen. Die Sozialdemokraten (PSOE) übertrafen in der vergangenen Woche die regierende Volkspartei (PP) nur um 100 000 Stimmen. Beide Parteien feiern sich nun als Sieger.

Die Vereinte Linke (IU) hingegen hält sich auch für siegreich. Ministerpräsident José Maria Aznar habe ein persönliches Plebiszit abhalten wollen, um den Irakfeldzug zu rechtfertigen, aber die Mobilisierungen der letzten Monate hätten die »Niederlage der PP« bedeutet und zum Aufstieg der Linken geführt, behauptete der IU-Vorsitzende, Gaspar Llamazares. Dabei verbucht seine Koalition nur 3 000 Stimmen mehr als vor vier Jahren. Die Demonstrationen gegen den Krieg brachten jedoch mehrere Millionen auf die Straße.

Monatelang erwartete die Linke einen politischen Wechsel. Doch eine kommunistische Machtübernahme, die die Altfrancisten in der PP düster prophezeiten und so mancher Linke erhoffte, blieb aus. In Madrid gewann der PP-Kandidat Ruiz Gallardon, obwohl dort seit zwölf Jahren der konservative PP-Bürgermeister Alvaro Manzano waltete, ein erklärter Feind von Homosexuellen, Feministinnen, Migranten und sozialen Projekten. Sogar in Galicien, wo die Katastrophe um den Tanker »Prestige« die Menschen in Rage gebracht hatte, kam die PP glimpflich davon und verlor nur vier Prozent.

Obwohl die PP 368 Abgeordnete in den Regionalparlamenten und 970 Stadträte verlor, nahm die Stimmenanzahl wegen der hohen Wahlbeteiligung zu. Die Konservativen regieren nun in sieben Regionalparlamenten sowie in Melilla und Ceuta. Die Sozialdemokraten stellen fünf autonome Regierungen und konnten der PP nur eine einzige Provinz abnehmen.

Bedeutend ist hingegen der wiederholte Stimmenverlust der PP im Baskenland. Parteienverbote, Repression und Folter sowie die Schließung der einzigen baskischsprachigen Tageszeitung Egunkaria kommen im Moment nur den gemäßigten baskischen Nationalisten zugute. Die ungültigen Stimmen, rund zehn Prozent, übertrafen in einigen Ortschaften sogar die Zahl der gültigen.

Der Ministerpräsident hatte vor dieser Regionalwahl keinen Zweifel daran aufkommen lassen, wohin die Reise geht. »Spanien explodiert, wenn wir die illegale Einwanderung nicht aus dem Weg schaffen«, verteidigte er im Wahlkampf die vierte Verschärfung des Ausländergesetzes in dieser Legislaturperiode. »Sollte es nicht gelingen, die Illegalen abzuschieben, wird die Unsicherheit wachsen«, unterstrich er während des Besuchs einer Polizei- und Geheimdienstakademie. »1 570 000 Immigranten als Wahlargument«, titelte El País und beschrieb die Stimmung im Land nicht schlecht. Mit 67 Prozent wurde etwa der PP-Bürgermeister in El Ejido, Juan Enciso, wieder gewählt. Er wurde bekannt wegen seiner rassistischen Politik, die vor drei Jahren zu Pogromen gegen Migranten führte.

Am Ende waren alle verfassungstreuen Parteien zufrieden und feierten den Wahlausgang als Erfolg der Demokratie. Und wie als Zeichen des Hohns für die vergangene Protestbewegung standen die Nationalflaggen im ganzen Land auf Halbmast, um »die tapferen Soldaten«, die im Afghanistankrieg der »Freiheit« dienten, zu würdigen.

tom kucharz, madrid