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Sommerpause

Gewerkschaften. Sonnenschein, 30 Grad im Schatten. Der Mai ist am Ende doch noch heiß geworden, wie die Gewerkschaften es versprochen hatten. So heiß, dass der Vorsitzende des DGB, Michael Sommer, bereits eine Abkühlung benötigte. Er erklärte in der vorigen Woche, die Gewerkschaften wollten sich mit ihren Protesten gegen die Agenda 2010 auf die parlamentarischen Beratungen im Herbst konzentrieren.

Die Rebellion ist also abgesagt. Das dürfte zum einen daran liegen, dass man sich im DGB völlig uneins über Gerhard Schröders Agenda 2010 ist. Verdi und die IG Metall lehnen diese Pläne zum großen Teil ab, während etwa die IG Bergbau, Chemie, Energie die Bundesregierung unterstützt. Zum anderen ist die Gewerkschaftsbasis nicht so streitwillig wie in Frankreich. Aber immerhin: Die IG Metall in Ostdeutschland rief ihre Mitglieder am Montag dieser Woche zu einem Streik für die Einführung der 35-Stunden-Woche auf. 12 300 Gewerkschafter in 15 Betrieben sollten die Arbeit niederlegen.

Bleiberecht

Islamismus. Der Islamist Metin Kaplan, der die Errichtung eines Kalifatstaates anstrebt, wird Deutschland vorerst erhalten bleiben. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf darf er nicht an die Türkei ausgeliefert werden, weil ihm dort politische Verfolgung drohe. Am Dienstag der vergangenen Woche ordnete das Gericht seine Entlassung aus der Auslieferungshaft an. Kaplan verbüßte eine vierjährige Haftstrafe wegen eines Aufrufes zum Mord. Er hatte seine Anhänger im Jahr 1996 aufgefordert, einen Rivalen zu töten. Der Mann wurde kurze Zeit später in Berlin erschossen.

Am vergangenen Freitag verhängte die Stadt Köln dann ein Reiseverbot über Kaplan. Dabei wusste man zu diesem Zeitpunkt gar nicht, wo er sich befand. Er habe sich nicht mit dem Ausländeramt in Verbindung gesetzt, hieß es. »Wir gehen davon aus, dass er in Köln ist«, sagte eine Sprecherin der Stadt.

Die Türkei protestierte indes heftig gegen die Freilassung Kaplans. Die Entscheidung sei mit »den Pflichten Deutschlands hinsichtlich der Bekämpfung des internationalen Terrorismus nach den Anschlägen vom 11. September nicht vereinbar«, erklärte das türkische Außenministerium. Der deutsche Botschafter in Ankara, Rudolf Schmidt, wurde ins türkische Außenministerium einbestellt.

Ausstieg, Inshallah!

Islamismus II. Man kann jedoch nicht behaupten, dass das Problem des Islamismus in Deutschland völlig verkannt werde. »Von Islamisten geht in Deutschland die größte Bedrohung für die innere Sicherheit aus«, sagte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) in der vergangenen Woche in Bild am Sonntag. Er will etwas dagegen tun, und zwar das, was schon an anderen Feinden der Sicherheit erprobt wurde. Schünemann forderte ein Aussteigerprogramm für Islamisten, schließlich hätten sich »auch die Aussteigerprogramme für Rechtsextremisten als Erfolg erwiesen«. Als so erfolgreich, dass die Verantwortlichen des Programms sich noch nicht mal trauen, die Zahl der geläuterten Rechtsextremisten zu nennen. »Einige Fälle« seien inzwischen erfolgreich abgeschlossen, heißt es auf der Internetseite des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Immerhin 80 Rechtsextreme »sind oder waren in zum Teil intensiver Betreuung«.

Terror in Pankow

Rechtsextremismus. Äußerst wenige Aussteiger scheint die rechtsextreme Szene in Ost-Berlin zu verzeichnen. Am letzten Donnerstag wurden die Nazis wieder einmal aktiv und griffen in Pankow den PDS-Politiker Rudolf Blom in seiner Wohnung an. Blom saß mit Nachbarn auf seiner Terrasse und hatte einen Sonnenschirm mit dem Logo der PDS aufgespannt. Die Nazis kamen auf die Terrasse und riefen: »Scheiß SPD!« Dann schlugen sie auf einen Besucher Bloms ein. Die Täter flüchteten, und Blom informierte die Polizei.

Als diese wieder weg war, kamen die Nazis zurück und beschimpften die Anwesenden mit rassistischen Sprüchen. Auf Bloms kurdische Frau warfen sie Steine, ebenso wie in die Fenster der Wohnung. Und wieder konnten sie entkommen. Blom sagte, einen der Täter kenne er als Plakatkleber der NPD.

Seit Anfang März verstärkten die Rechtsextremen nach Angaben der Pankower Antifa-Offensive ihre Anti-Antifa-Aktivitäten in dem Stadtteil. Jugendliche würden durch Sprühereien als vermeintliche Antifas bekannt gemacht und Jugendklubs angegriffen.

Alltägliche Botschaften

Friedensbewegung. Es ist immer zu begrüßen, wenn Menschen aus dem gewohnten Trott ausbrechen und etwas gegen das alltägliche Grau unternehmen. Viele Gegner des Irakkriegs rafften sich dazu auf, ihren Protest mit selbst bemalten Bettlaken, die sie aus ihren Fenstern hängten, kundzutun. »Häuser für den Frieden«, kann man vielerorts auch jetzt noch lesen, obwohl das Kriegsgeschehen im Irak seit einigen Wochen faktisch beendet ist. Wer sich nun überlegt, ob es nicht an der Zeit ist, die Transparente wieder hereinzuholen, sei beruhigt. Da die Bundesregierung offensichtlich eine Beteiligung an einem Eingreifen im Kongo erwägt, bleibt die Friedensbotschaft aktuell. (Siehe Seiten 6 und 7)

Ein Fahne, die aus einem Fenster einer Wohnung in der Prenzlauer Allee in Berlin hängt, führte allerdings zu einer heftigen Kontroverse der Mieter und der Hausverwaltung. Denn seitdem die israelische Fahne dort angebracht ist, sprühen Unbekannte allnächtlich Sprüche wie »Fuck Sharon« oder »USA and Israel – murderer« an die Hauswand. Die Hausverwaltung beobachtet deshalb eine »Gefährdung des Hausfriedens« und fordert die Mieter auf, die Fahne zu entfernen. Schließlich könne man die »judenfreundliche Ideologie« auch andernorts verbreiten.