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Kein Fußbreit den Arbeitslosen

Kürzungen für Arbeitslose. Wer nichts hat, wird bald weniger haben. Und aus dem Wenigen soll dann noch weniger werden. Das Bundeswirtschaftsministerium droht mit Sanktionen gegen Langzeitarbeitslose, die zumutbare Stellenangebote ablehnen. Als zumutbar gelten geringer bezahlte Jobs, schlechtere Arbeitsbedingungen und längere Arbeitswege. In Zukunft soll jedem Erwerbsfähigen jede Arbeit zugemutet werden. Auch wer sich selbst nicht um Arbeit kümmert oder »Eingliederungshilfen« abweist, muss ab Juli 2004 mit Kürzungen des neu geschaffenen Arbeitslosengeldes II rechnen, das die Arbeitslosenhilfe ersetzen und dem Sozialhilfesatz entsprechen soll.

Der vorgesehene Betrag von 285 Euro für einen Langzeitarbeitslosen aus den neuen Bundesländern soll bei ungebührlichem Verhalten auf 200 Euro gesenkt werden. Unter 25jährige sollen sogar drei Monate lang keinen Cent bekommen, wenn sie nicht spuren.

Doch es kann auch noch an anderen Stellen gespart werden. Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) erklärte in einem Entwurf, dass in Zukunft für nicht Erwerbsfähige weder Kleidung noch Möbel extra bezahlt würden. Sie sollen stattdessen ein pauschales Sozialgeld erhalten.

Apokalypse BMW

Industrie. Es wurde gerügt, was das Zeug hielt, als während des Streiks der Metaller in Ostdeutschland auch die BMW-Werke in München und Regensburg vorübergehend die Produktion einstellen mussten. Nach Angaben der Konzernleitung konnten wegen der Zuliefererprobleme über 10 000 Fahrzeuge weniger gebaut werden als geplant. »Viele Arbeiter in bayerischen Zulieferbetrieben halten den Zeitpunkt der Streiks für falsch«, sagte damals etwa der Regensburger Bevollmächtigte der IG Metall, Walter Meyer. Der Betriebsrat bei BMW kündigte nach der Wiederaufnahme der Produktion an, die Beschäftigten wollten ihren Teil dazu beitragen, dass jeder Kunde sein Auto bekomme und der Schaden für das Unternehmen gering gehalten werde.

Doch nun gehen die Workaholics schon wieder in die Pause. Wegen nötiger Wartungs- und Umbauarbeiten muss BMW in den Sommerferien die Produktion erneut unterbrechen. Im Regensburger Werk für 19 Tage, im Münchner für drei. Auf den Gedanken, die Wartungsarbeiten während der streikbedingten Unterbrechungen der Produktion durchzuführen, war man offensichtlich nicht gekommen. Außerdem hätte man dann die Gewerkschaften nicht so heftig wegen still stehender Fließbänder kritisieren können.

Nach uns die Dürre

Landwirtschaft. Im vergangenen Jahr eine Jahrhundertflut, in diesem Jahr eine Jahrhundertdürre: Sollte vielleicht doch die Klimakatastrophe …? Während im Sommer vergangenen Jahres die Elbe weite Landstriche überflutete, muss heuer auf vielen Flüssen die Schifffahrt eingestellt werden, weil die Pegelstände zu niedrig sind. Betroffen sind vor allem die Donau und die Elbe.

Vor allem die Bauern leiden unter der gegenwärtigen Dürre. Der stellvertretende Generalsekretär des Bauernverbandes, Adalbert Kienle, sagte in der vorigen Woche, die Getreideernte werde zehn bis 15 Prozent unter dem Ertrag des sowieso schon schlechten Vorjahres liegen. In einigen Fällen gebe es Ertragsausfälle von 80 Prozent. Die gute Nachricht in Katastrophenzeiten lautet: Die Lebensmittelpreise sollen stabil bleiben.

German brother is watching you

Menschenrechte. Bald könnte Schluss sein mit den Menschenrechtsverletzungen im »Kampf gegen den Terror«. Denn wenn es nach dem Willen des Deutschen Instituts für Menschenrechte geht, passen Bundeswehrsoldaten in Zukunft auf, dass so etwas nicht mehr vorkommt. Vor allem die USA und Großbritannien, aber auch China, Malaysia, Ägypten, Nepal, Israel, Singapur und die Vereinigten Arabischen Emirate hätten gegen bürgerliche und politische Rechte oder das »humanitäre Völkerrecht« verstoßen, steht in einer Studie der Organisation, die in der vergangenen Woche vorgestellt wurde.

Wenn die Bundeswehr ausrückt, gibt es dagegen offenbar keinen »rechtsfreien Raum«. Straftaten deutscher Soldaten würden verfolgt, versicherte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums nach Angaben der Netzeitung. Es weiß zwar kein Mensch, was das Kommando Spezialkräfte in Afghanistan treibt, aber es geht auf jeden Fall mit rechten Dingen zu. Deshalb ist die Bundeswehr geradezu prädestiniert dafür, den Kollegen aus anderen Ländern auf die Finger zu schauen. »Deutsche Soldaten könnten eine wesentliche Rolle bei der Beobachtung von Menschenrechtsverletzungen übernehmen«, meint Frauke Seidensticker, die stellvertretende Direktorin des Instituts.

Oh, mein Gott!

Katholischer Widerstand. Die katholische Kirche schaffte vorige Woche wieder einmal den Sprung in die Schlagzeilen. Das Sommerloch und der ultraorthodoxe Kardinal Joseph Ratzinger machten es möglich. Ratzinger unterzeichnete ein elfseitiges Papier, das die Lebenspartnerschaft homosexueller Paare verurteilt. Homosexualität sei eine Anomalie und unmenschlich. Außerdem verstießen gleichgeschlechtliche Beziehungen »gegen das natürliche Sittengesetz«. Ratzinger räumte immerhin ein, dass nicht alle Homosexuellen persönlich für diese »Anomalie« verantwortlich seien und man ihnen deshalb mit »Achtung, Mitleid und Takt« begegnen müsse.

Die katholischen Politiker und Geistlichen sollen sich dem Widerstand gegen dieses »beunruhigende moralische und soziale Phänomen« anschließen, forderte der Vatikan am 31. Juli. Am Tag zuvor hatte das deutsche Bundesverfassungsgericht die Klage der unionsgeführten Länder gegen die Homo-Ehe abgewiesen.