Der Beschädigte

ich-ag der woche

Bundeskanzler Gerhard Schröder ist ein Ehrenmann. Er hat noch Respekt. Und zwar vor unserem Bundespräsidenten. Über die Diskussion über einen möglichen Nachfolger Johannes Raus sagte Schröder in der vorigen Woche: »Nicht zuletzt aus Respekt vor ihm sollte man diese Debatte jetzt ganz schnell beenden.« Rau mache seine Sache ungewöhnlich gut. »Ich würde mich freuen, wenn wir ihn noch lange hätten.«

Konnte man Rau schlimmer demütigen? Respekt soll normalerweise die Jugend zollen, und zwar meist alten Menschen, die ihr Berufsleben hinter sich haben. Doch wie gerne würde Rau weiter mit salbungsvollem Ton die Begleitstimmung für allerlei Kriege mit deutscher Beteiligung und für die Zerschlagung des Sozialstaats liefern. Schließlich wurde er ja während des Kosovo-Kriegs zum Präsidenten gewählt, und seine Sympathie für die deutsche Sache stand immer außer Zweifel.

Etwa wenn er den Zuwanderern die Leviten las. Eine ausländerfreundliche Gesinnung zu zeigen sei dort schwer, »wo in einem Haus Familien aus aller Welt zusammenwohnen, wo sich im Hausflur ganz unterschiedliche Essensgerüche mischen, wo laut fremde Musik gemacht wird«, sagte der Versöhnler in seiner ersten so genannten Berliner Rede. Doch die CDU, die CSU und die FDP bringen längst Kandidaten ins Gespräch, die das deutsche Volk auch nicht gerade spalten wollen. Den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU), Bernhard Vogel (CDU) oder sogar Edmund Stoiber. Rau kann sich wenigstens für das Wort zum Sonntag bewerben. Uns hilft nur noch beten.

paul urban