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Der junge Chef

Berliner Stadtmagazin. Eigentlich könnte sich die Redaktion des Berliner Stadtmagazins Zitty über den neuen Chefredakteur freuen. Denn es ist Matthias Kalle, also jemand, von dem man schon mal sagen kann, dass er bisher noch nichts wirklich falsch gemacht hat.

Schöne Texte hat er im jetzt-Magazin geschrieben, klar, witzig, unverkrampft, ohne Anleihen beim Snobismus der Kracht-Schule nehmen zu müssen. Man könnte natürlich auch einwenden, Matthias Kalle sei viel zu jung und hätte noch keine Gelegenheit für die großen Irrtümer gehabt, die eine Biografie erst interessant machen. Denn Matthias Kalle ist 28 Jahre, genau zwei Jahre älter als die Zitty.

Dass frühe Karrieresprünge immer auch den Verdacht von Strebertum und Aalglätte erzeugen, ist banal. Subtil witzig hat die taz diesen Verdacht formuliert, als sie unter Anspielung auf Kalles letzten Arbeitgeber vermeldete: »Zitty jetzt mit Neonleuchte«.

Matthias Kalle setzt sich in den Sessel von Hans-Joachim Neumann, der eine leitende Funktion im Hintergrund des Blattes bekommen soll. Denn das neue Gesicht des Blattes soll vor allem ein junges sein. Zu diesem Zwecke wird nicht nur der Chefredakteur ausgetauscht, sondern findet auch ein Relaunch statt. Für den Modernisierungsschub des Layouts und der Bilder sollen die Agentur Weber & Soltek sowie der bisher für die Süddeutsche Zeitung und Neon tätige Fotograf Daniel Josefsohn sorgen.

Stelen aufgestellt

Holocaust-Mahnmal. Bauarbeiter gelten als eher unsensible Persönlichkeiten, und deshalb hätte die Nachricht, in Berlin sei ausgerechnet am Sabbat mit den Bauarbeiten zur Errichtung des Holocaust-Mahnmals begonnen worden, durchaus stimmen können. Allerdings wurden am vergangenen Samstag lediglich einige Modell-Stelen angeliefert, so dass es sich nicht um einen echten Baubeginn handelt. Dennoch steht fest, dass es nach vielen Jahren zähen Widerstands gegen ein Denkmal für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus mitten in Berlin endlich so weit ist. Das Mahnmal wird Wirklichkeit.

Geplanter Termin für die Eröffnung ist der 8. Mai 2005, also genau 60 Jahre nach Kriegsende. Bis dahin müssen aber noch die 2 751 Stelen aufgestellt werden. Anlässlich der Errichtung der ersten Prototypen in der vergangenen Woche, zu der Architekt Peter Eisenman eigens angereist war, gab es viel Lob für die bis zuletzt umstrittene Konzeption. Den einen war das Stelenfeld zu monumental erschienen, die anderen hatten sich von den Stelen an Grabsteine erinnert gefühlt und empfanden die Architektur daher als zu illustrativ.

Bei der Begehung des Modells stellten sich jetzt aber ganz andere Wirkungen und Assoziationen ein. So zeigte sich der Reporter der FAZ sichtlich berührt über das Gefühl der Einsamkeit, das sich beim Durchlaufen des bis zu fünf Meter hohen Steil-Labyrinths einstellt.

»Hier entsteht ein Ort der Stille, an dem sich die Deutschen in der dritten Generation nach dem Holocaust sehr persönlich an die Menschheitskatastrophe erinnern sollen«, sagte Eisenman. Dieses Gedenken soll zu jeder Stunde möglich sein, das Mahnmal soll ein offener Ort sein, der lediglich durch Polizeibeamte geschützt, aber nicht durch Video-Kameras überwacht werden soll.

Vertriebene vertrieben

Vertriebenenzentrum. Bisweilen scheint es, als stünden die Vertriebenen unter Führung von Erika Steinbach bereits kurz vor Berlin-Kreuzberg. Aber noch sind dies nur die Visionen der Chefin des Bundes der Vertriebenen (BdV). Sie wünscht sich eine Art Gedenkstätte für ihren Verein und bemäntelt dies Projekt als groß angelegtes Zentrum für Vertreibung, das sich angeblich ganz generell gegen eine Politik »ethnischer Säuberungen« wendet. Klar, ein Zentrum, das sich gegen völkische Politik und deren soziale Konsequenzen engagiert, wäre eine vernünftige Sache. Allerdings hätte man mit der CDU-Politikerin den Bock zum Gärtner gemacht. Und so sehen auch eine Reihe von Politikern und Künstlern, die sich mit dem Thema, im besonderen auch mit der Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg befassen, das Vorhaben zumindest kritisch.

In den Streit hat sich jetzt auch Gerhard Schröder eingeschaltet und sich gegen den Standort Berlin ausgesprochen, weil da »allzu einseitig das Unrecht, das Deutschen widerfahren ist, in den Vordergrund der Debatte über Vertreibungen« gestellt und ausgeblendet würde, »welches die historischen Ursachen sind«. Genauso sehen es die Unterzeichner eines von dem SPD-Politiker Markus Meckel initiierten Manifests, das den Standort und die Pläne von Steinbach als »vorwiegend nationales Projekt« kritisiert. Zu den Unterzeichnern des Manifests gehören u.a. der ungarische Literaturnobelpreisträger Imre Kertesz und sein deutsches Pendant Günter Grass. Sie favorisieren Wroclaw als Standort.

Die List der Listen

Hollywood. Unter dem Schock des 11. Septembers bekundeten etliche US-Filmfirmen in Hollywood, der größte Terrorschlag in der Geschichte der USA stelle eine Zäsur in der Historie des Kinos dar. Die Ähnlichkeiten von Terror und Kino, Verbrechen und Filmskript sollten Anlass sein, den Actionfilm zu zähmen und die Gewaltszenen zu entschärfen. Gezähmt werden im Namen von Terrorabwehr in Hollywood aber nach Meinung von Kritikern inzwischen vor allem die Kriegsgegner. »Die heutige schwarze Liste ist subtiler als damals«, zitiert die Frankfurter Rundschau Norma Barzman. Die Drehbuchautorin gehörte zu den Opfern der schwarzen Liste unter McCarthy in den vierziger Jahren. Barzman, deren Memoiren unter dem Titel »The Red and the Black List« gerade erschienen sind, sagte weiter: »Niemand würde die Kriegsgegnerschaft als direkten Grund nennen. Die Studios argumentieren vielmehr, dass eine Schauspielerin beispielsweise zu alt oder zu unpopulär für eine bestimmte Rolle ist.«