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Mit Gott gegen die Warlords

Liberia. Das Rennen machte ein Außenseiter. Nicht der erfahrenen Diplomatin Ellen Johnson-Sirleaf, die gute Kontakte zur UN-Bürokratie unterhält, sondern dem Kaufmann Gyude Bryant wurde in der vergangenen Woche der Vorsitz der liberianischen Interimsregierung übertragen. Die Präsenz internationaler Truppen in Monrovia erleichterte es den Vertretern der westafrikanischen Staaten bei den Verhandlungen in der ghanaischen Hauptstadt Accra, die Warlordmilizen Lurd und Model von hohen Positionen in der Regierung fern zu halten.

Bryant ist Mitglied der Liberia Action Party, die sich während es Bürgerkrieges für Friedensverhandlungen eingesetzt hat. Als Kaufmann hat er schon aus geschäftlichen Gründen ein Interesse, die üblichen Regeln des Kapitalismus durchzusetzen. Er hofft nun nicht nur auf die Hilfe der »internationalen Gemeinschaft«, die ihm die nötige bewaffnete Rückendeckung gegen die Warlords geben muss, sondern auch auf Beistand von ganz oben. Bryant ist führendes Mitglied der Episcopal Church und bezeichnete sich selbst als »Heiler«.

Ungeliebte Geiseln

Algerien/Mali. Terrorismusopfer werden sonst freundlicher empfangen. Die 14 in der algerischen Sahara entführten und in der vergangenen Woche in Mali freigelassenen Geiseln waren noch auf dem Rückflug nach Deutschland, als Politiker der SPD, der CDU/CSU und der Grünen bereits forderten, sie müssten sich an den Kosten ihrer Befreiung beteiligen, da sie sich wissentlich einem Risiko ausgesetzt hätten. Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für Algerien gab es jedoch nicht, und eine gut geplante Sahara-Durchquerung ist nicht gefährlicher als ein Urlaub in Mecklenburg-Vorpommern.

Zu der Entführung hat sich die islamistische Salafistische Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC) bekannt. Die Authentizität des Bekenntnisses ist jedoch nicht gesichert. Dass malische Tuareg-Notable, die keinerlei Einfluss auf algerische Islamisten haben, in die Verhandlungen einbezogen wurden, spricht ebenso wie das Schweigen der US-Regierung dafür, dass es sich um eine kriminelle Gruppe handelte. Denn zweifellos wurde Lösegeld bezahlt, wahrscheinlich in deutschem Auftrag von Mali oder Libyen. Und eine deutsche Finanzhilfe für al-Qaida würde von Washington sicher nicht gut geheißen.

Wächter gegen Konventionen

Iran. Nach der Sympathie der Bevölkerung verliert Präsident Muhammad Khatami nun seine Minister. Am vergangenen Samstag trat Wissenschaftsminister Mustafa Moin aus Protest gegen die gewaltsame Niederschlagung der Studentenbewegung zurück. Die islamistische Reformbewegung ist innenpolitisch gescheitert, aber auch in der Außenpolitik gelang es nicht, die ausländischen Forderungen nach Reformierung des Systems wenigstens formal zu erfüllen. Im Juli hatte sich das von Reformislamisten dominierte Parlament für die Unterzeichnung der UN-Konventionen gegen Folter und die Diskriminierung von Frauen ausgesprochen. Obwohl die praktische Durchsetzung ausdrücklich von der Kompatibilität mit der Sharia abhängig gemacht wurde, die auch für die Reformer über den internationalen Normen steht, lehnte der Wächterrat die Unterzeichnung der Konventionen ab.

Dennoch beabsichtigt Rezzo Schlauch, der parlamentarische Staatssekretär im deutschen Wirtschaftsministerium, mit einer Unternehmerdelegation Anfang Oktober den Iran zu besuchen. Nachdem im vergangenen Jahr ein deutsch-iranischer Investitionsschutz- und -fördervertrag unterschrieben worden war, sollen nun weitere Geschäfte angebahnt werden.

Terror bei Memorial

Russland. Bei der Menschenrechtsorganisation Memorial in St. Petersburg sind unter seltsamen Umständen zwei Computer geraubt worden. Am Donnerstag vorvergangener Woche wurde die Niederlassung der Organisation von zwei Männern überfallen, die erklärten, sie seien Angehörige einer Organisation, die Juri Budanov unterstütze, einen russischen Militär, der kürzlich wegen Mordes an einer tschetschenischen Frau im Gefängnis landete. Die beiden waren nach Auskunft des Memorial-Bürochefs Vladimir Shnidtke mit Hämmern bewaffnet. »Es war ungemütlich, weil es nicht wie ein einfacher Raub aussah«, erklärte Shnidtke. »Sie nahmen nur unsere zwei wichtigsten Computer, die die wertvollsten Informationen enthalten«. Ein staatlicher Hintergrund der Aktion kann nicht ausgeschlossen werden: Im Juli hatte der Sondervertreter der Russischen Föderation für Menschenrechte in Tschetschenien, Abdul-Hakim Sultygow, erklärt, das »internationale Terrornetz« führe »seine terroristische Tätigkeit« u.a. mit Hilfe von NGO durch.

Gold und Kochtöpfe

Ägypten. Nabil Hilmi, Dekan der juristischen Fakultät der Universität von al-Zaqaziq, will den maroden Staathaushalt seines Landes mit einer besonders bizarren antisemitischen Klage sanieren. »Wir bauen ein juristisches Team auf«, erklärte Hilmi der ägyptischen Wochenzeitung al-Ahram al-Arabi. Dann sollen »alle Juden in der Welt, und besonders die Juden in Israel« verklagt werden. Denn schließlich hätten sie beim Exodus allerlei mitgehen lassen.

Die geklauten Kochtöpfe übergeht Hilmi großzügig, auch wenn es seiner Ansicht nach viel über »Moral und Charakter der Juden« aussagt, dass sie den Ägyptern nicht einmal eine warme Suppe gönnen wollten. Das Gold aber will Hilmi zurück haben, selbstverständlich mit Zinsen. Und schon eine Tonne des Edelmetalls wäre 1 000 Jahre später 1 125 Billionen Tonnen Gold wert gewesen. Bei 300 vor weit mehr als 1 000 Jahren entwendeten Tonnen ergibt das, nun, einen ziemlich großen Haufen Gold jedenfalls. Beim Kassieren der Fantastilliarden will Hilmi aber kulant sein. Die Zeit für die Rückzahlung könne auf 1 000 Jahre gestreckt werden.