Nachrichten

Eintragung ins Nichts

Die Fusselfrage ist geklärt. Mann der Woche ist ganz klar Karl Kruszelnicki, Wissenschaftler an der Universität Sydney. Behauptet er doch von sich, eines der letzten Rätsel der Menschheit geknackt, eine Antwort auf eine uns alle brennend interessierende Frage gefunden zu haben. Die Frage lautete: Wie kommen eigentlich diese ekligen Fussel in den Bauchnabel, die einer australischen Umfrage zufolge bei zwei Drittel der erwachsenen Menschen zu finden sind? Die Erklärung des Forschers lautet ungefähr so: Am Bauch wachsen alle Haare in Richtung Bauchnabel. Die Kleidungsfussel werden somit von den Bauchhaaren huckepack genommen und gleiten sanft mitten hinein ins Nichts, in dieses Loch, das wir Bauchnabel nennen.

Testament der Angst

Bravo. Seit Mitte der Neunziger ist die Auflage der Bravo um mehr als die Hälfte auf heute ungefähr 660 000 gesunken. Die Kids von heute interessieren sich eben nicht mehr so sehr dafür, sich das der Bravo beiliegende Poster von »Star Search«-Star Michael Wurst übers Bett hängen zu können, sondern eher dafür, wie sie möglichst schnell an das neueste Adventure Game für die Konsole rankommen. Bravo kämpft also zunehmend vergeblich gegen die eigene Irrelevanz in einer Welt an, in der sich Teens immer weniger für Star-Gossip interessiere und in der überhaupt immer weniger richtig aufregende Stars produziert werden. Der absolute Liebling der Bravo-Redaktion ist Jeanette Biedermann, was allein schon deutlich macht, wie es um den Glamourfaktor bei der Zeitschrift für Pubertierende bestellt ist.

Der letzte Chefredakteur der Bravo, Uli Weissbrod, hätte den Negativtrend bei seinem Blatt eigentlich stoppen sollen, als er vor drei Jahren seinen Job antrat. Doch das Gegenteil trat ein, das Blatt ging erst recht den Bach runter. Dabei hatte Weissbrod doch so einiges versucht. Vor allem verstärkte er die Kompetenz der Bravo für Sex und Schlüpfriges. Das ging so weit, dass sich erst vor kurzem Bravo-Redakteure in einem anonymen Brief an den Kinderschutzbund in München wandten und sich über eine »sexualisierte Scheinwelt« in ihrem Blatt beschwerten. Die ganze sexuelle Aufrüstung hat jedoch eh nichts gebracht, die Bravo wird sich demnächst auf die Suche nach einem neuen Chefredakteur machen.

Lass uns nicht von Sex reden

Fußball und Sex. Immer wieder bei Europa- und Weltmeisterschaften im Fußball ist eine der entscheidenden Fragen, die Mannschaft, Trainer, Zuschauer und Fußballer-Ehefrauen beschäftigen, diejenige, ob die Spielerfrauen während des Turniers etwas bei ihren angetrauten Kickern zu suchen hätten oder eben nicht. Sex vor dem Spiel könne eventuell zu Antrittsschwäche führen, so die allgemeine Befürchtung. Ein wenig erinnert diese Debatte dann an das 19. Jahrhundert, als vor dem Onanieren gewarnt wurde, weil dem Mann ansonsten nicht nicht mehr genug Saft für seine ehelichen Pflichten bliebe.

Nun will aber der Sportmediziner Chris Goosens in einer von einem Präservativ-Hersteller gesponserten belgischen Studie herausgefunden haben, dass Sex vor dem Kick tatsächlich die Torgefährlichkeit eines Fußballspielers einschränkten. Die Begründung: Bei Postkoitalen steigt die Herzschlagfrequenz schneller an, was in entscheidenden Spielszenen die Abgebrühtheit beeinträchtige.

Jetzt heißt es tapfer sein

Kunst heute. Zum Fall Jörg Immendorff fällt uns nicht mehr viel ein, da den anderen schon viel zu viel dazu eingefallen ist. Soll er doch koksen und seine Kohle für Sexparties rausschleudern, wie er will, uns interessiert das nicht. Jörg Immendorff, der Staatskünstler, interessiert uns eigentlich seit gut dreißig Jahren nicht mehr.

Ich nehm’s persönlich

Zensur. Der aktuelle Stand in Sachen »Esra«, dem neuen Roman von Maxim Biller, ist der, dass es bis auf weiteres keinen neuen Roman von ihm geben wird. Zumindest der taz zufolge. Das Werk liegt nämlich in seiner ersten, noch nicht inkriminierten Auflage weiterhin im Buchladen um die Ecke rum, weil sich trotz Skandal kein Mensch für Billers neuesten Streich zu interessieren scheint.

Zwei Frauen klagten gegen »Esra«, der als Schlüsselroman gilt, weil sie sich in dem Roman wiedererkennen und sich durch Billers Beschreibungen diffamiert fühlen. Sein Verlag Kiepenheuer & Witsch wollte ursprünglich »Esra« in einer »entschärften« Version auf den Markt bringen, doch die Anwälte der beiden Frauen meinten, dies genübe nicht. Das Münchner Landgericht gab dieser Einschätzung nun Recht. Bis auf weiteres wird die Freiheit der Kunst nicht für Maxim Billers neuestes Werk gelten.

Die Geschichte macht weiter

Kraftwerk. Da ließen sich Kraftwerk beinahe zwei Jahrzehnte Zeit, um mit einer neuen Platte aufzuwarten, und dann das: »Tour De France Soundtracks« ist weder innovativ noch irgendwie aufregend oder voller Überraschungen, sondern schlicht langweilig. Die Platte ist nicht schlecht, das auch wieder nicht, doch von der für die Popmusik von heute wohl einflussreichsten Band aller Zeiten hatte man dann vielleicht doch etwas mehr erwartet als ein paar neue Stücke rund um ihren Klassiker »Tour de France« herum zu konzipieren. Jeder Laptop Producer kriegt heute Spannenderes hin als Kraftwerk in ihren Kling-Klang-Studios. Die Gruppe ist Opfer ihres eigenen Trademark-Sounds, der typischen Kraftwerk-Popelektronik, geworden. Kraftwerk klingen weiterhin wie Kraftwerk, doch andere tun das auch längst. Nicht nur das, andere klingen längst um einiges spektakulärer als Kraftwerk.