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Fürth sagt Servus

Ausreisezentrum. Mit der Reisefreiheit im goldenen Westen ist es so eine Sache. Für die 25 Flüchtlinge aus einem Flüchtlingslager im thüringischen Saalfeld, die an den Protesten gegen das »Ausreisezentrum« im bayerischen Fürth teilnehmen wollten, war die Fahrt in Jena erstmal beendet. Die Polizei stoppte ihren Bus und nahm eine erkennungsdienstliche Behandlung vor. Die Flüchtlinge hatten gegen die so genannte Residenzpflicht verstoßen. Nun droht ihnen ein Bußgeld.

Anlässlich der Einrichtung des Ausreisezentrums in Fürth vor einem Jahr fanden dort in der vergangenen Woche Aktionstage statt. Zur Demonstration am Samstag kamen nach Information der Karawane Nürnberg etwa 700 Menschen. Darunter befanden sich auch die in Jena aufgehaltenen Flüchtlinge, die sich nicht einschüchtern hatten lassen. Die Demonstration zog zum Ausreisezentrum, wo ein paar Aktivisten den Zaun einrissen. Die Polizei ließ nicht lange auf sich warten.

Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) präsentierte anlässlich des Jahrestages stolz seine Bilanz: Von den 110 in Fürth zwangseingewiesenen Flüchtlingen seien 17 abgeschoben worden, 45 seien untergetaucht, 42 seien als Bewohner registriert. Beckstein freute sich: »Die Einrichtung hat die Erwartungen in vollem Umfang erfüllt«.

Elefantenhochzeit

Lafontaine. Wovon träumt ein Populist? Natürlich von einer Volkspartei. Und eine rote soll es sein. Der frühere SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine schlug am vergangenen Wochenende in der Welt am Sonntag eine Fusion der PDS mit der SPD vor. Dabei solle nach dem Vorbild der bayerischen CSU eine ostdeutsche SPD entstehen. Diese hätte ein eigenes Profil und könnte die ostdeutschen Interessen besser vertreten. Und so wie die Bayern im Vergleich mit der CDU etwas mehr rechts seien, so stünde die Ost-SPD links von ihrer Schwesterpartei.

Was beweist Oskar Lafontaine damit? Zum einen, dass er keine Ahnung von der PDS und der SPD im Osten hat. Vor allem viele Sozialdemokraten in den Ostgebieten dürften sich an den Kopf gefasst haben, denn sie wollen mit den Ex-Kommunisten nicht in einem Atemzug genannt werden. Und mit dem politischen Begriff »links« hat das alles sowieso nichts zu tun.

Zum anderen dokumentiert Lafontaine seine Ahnungslosigkeit, was Bayern betrifft. Denn so leicht ist die CSU nicht zu kopieren. Ihr Erfolg basiert auf einem tief verwurzelten Wohlstandschauvinismus, auf dem Wirken der katholischen Kirche in den ländlichen Gebieten und auf einem ausgeprägten bayerischen Nationalismus. Die Sozialdemokraten aller Parteien vom Kap Arkona bis Suhl werden jedoch nie ein einig Volk werden. Sie sind schließlich stolz, Deutsche zu sein. Von der wirtschaftlichen Prosperität der verödeten Landstriche ganz zu schweigen.

Vielleicht sollte Lafontaine sich lieber auf das Saarland konzentrieren. Eine Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten bei der Landtagswahl im Jahr 2004 wollte er vorige Woche nicht ausschließen.

Schnitte der Woche II

Sozialabbau. Und es geht munter weiter. Zwar hat die SPD die Gesetze zur Verwirklichung der Agenda 2010 noch gar nicht durch den Bundesrat bekommen, doch schon plant sie neue Angriffe auf die sozialen Sicherungssysteme.

Nach Informationen des Spiegel sollen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, Finanzminister Hans Eichel, Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und der Generalsekretär der SPD, Olaf Scholz, einen Entwurf für einen Leitantrag zum SPD-Parteitag im November ausgearbeitet haben. Das Schlimmste in Kürze: Das Rentenalter soll auf 67 Jahre angehoben werden; Rentner sollen in der Pflegeversicherung ab 2010 einen zusätzlichen »Solidarbeitrag« zahlen; auch Kinderlose sollen höhere Beiträge zur Pflegeversicherung berappen; der Eintritt in den Vorruhestand soll erschwert werden.

Fortsetzung folgt

Schatten der Vergangenheit

RAF. Generalbundesanwalt Kay Nehm erhob in der vorigen Woche Anklage gegen das ehemalige RAF-Mitglied Andrea Klump. Ihr wird vorgeworfen, im Jahr 1991 in Ungarn an einem Sprengstoffanschlag auf einen Bus mit jüdischen Auswanderern beteiligt gewesen zu sein. Dabei waren fünf von ihnen schwer verletzt worden.

Klump werde zur Last gelegt, im Auftrag einer palästinensischen Extremistengruppe den Anschlag geplant und ausgeführt zu haben. Spätestens im Januar 1988 habe sich Klump mit anderen unbekannten Mittätern und dem mutmaßlichen RAF-Mitglied Horst Ludwig Meyer zu dem so genannten Hit-Kommando zusammengeschlossen. Ziel der Gruppe seien Anschläge gegen Juden und US-Einrichtungen gewesen.

Klump befindet sich derzeit in Haft, weil sie im Jahr 1988 an einem Anschlag auf einen US-Militärstützpunkt im spanischen Rota beteiligt war. Die Aktion wurde damals in Absprache mit palästinensischen Kommandos durchgeführt. (Jungle World, 44 und 20/01) Meyer wurde im September 1999 bei seiner Festnahme in Wien von der Polizei erschossen. Klump bestreitet jede Beteiligung an der Tat in Ungarn.

Dose des Verlusts

Pfand. Übrigens, wenn Sie 400 Millionen Euro vermissen, dann bringen Sie doch einfach Ihre Getränkedosen zum Händler zurück. Diesen Betrag soll der Handel nach Angaben des Bundesumweltministers, Jürgen Trittin (Grüne), an Pfandgeld einbehalten haben. Ist das eigentlich praktizierter Keynesianismus? Oder einfach Faulheit?

Das Dosenpfand ist für Trittin jedenfalls ein voller Erfolg. So sei die Mehrwegquote seit Januar dieses Jahres um neun Prozent auf 59,2 Prozent gestiegen. Ab dem 1. Oktober sollen Einwegverpackungen, für die Pfand erhoben wurde, in allen Geschäften zurückgegeben werden können.