Nchrichten

Potenzielles Verbrechen

Großbritannien. Eine Gendatenbank für die gesamte britische Bevölkerung könnte laut Kevin Morris, dem Vorsitzenden des Verbandes der britischen Polizeibeamten, bald Wirklichkeit werden. Bislang müssen in Großbritannien Genproben von Verdächtigen, deren Unschuld bewiesen wurde, vernichtet werden. Die Polizei will jetzt aber nicht nur alle genetischen Identitätsnachweise behalten, sondern schlägt dem Innenministerium vor, die Pflicht einer Eintragung der genetischen Daten für alle einzuführen. In einem Interview mit der Tageszeitung The Times erklärte Morris vergangene Woche, mit einer möglichst umfassenden nationalen Gendatenbank werde es möglich, jede Art von Verbrechen schneller aufzuklären und diese sogar zu verhindern. Eine Aussage, die ein wenig an die Theorie des italienischen Kriminologen Cesare Lombroso erinnert, potenzielle Verbrecher seien an bestimmten somatischen Zügen zu erkennen. Barry Hugill von der Menschenrechtsorganisation Liberty kritisiert den Vorschlag als eine Maßnahme, die jeden Menschen zum Verdächtigen mache. Es handele sich um eine Verletzung des universellen Prinzips der Unschuldsvermutung. Eine Entscheidung wird das britische Innenministerium erst nach dem Urteil der Human Genetic Commission treffen, das innerhalb des nächsten Jahres kommen wird.

Baskenland klagt

Spanien. Die baskische Regionalregierung in Vitoria verkündete am vergangenen Dienstag, den spanischen Staat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen des Verbots der Baskenpartei Herri Batasuna verklagen zu wollen. Das Verbot verstoße gegen das Versammlungsrecht und die für die Auflösung Batasunas zuständigen Richter in Madrid seien befangen gewesen, erklärte der Sprecher der baskischen Regierung, Josun Jon Imaz. Herri Batasuna wurde im vergangenen März vom Obersten Gerichtshof für illegal erklärt, laut Urteilsbegründung verstößt die separatistische Formation gegen das im vergangenen Jahr verabschiedete neue Parteigesetz.

Die baskische Regierung habe das Recht auf ein pluralistisches Parteiensystem, sagt hingegen Imaz. Am Dienstag wurde außerdem beschlossen, die im Regionalparlament noch existierende Batasuna-Fraktion weiter mit öffentlichen Geldern zu unterstützen. Der spanischen Justiz ist bislang nicht gelungen, die aus sieben Abgeordneten bestehende Batasuna-Fraktion aufzulösen. Alle Versuche in diese Richtung sind am Widerstand der Nationalisten im Parlament gescheitert.

Wie viele brauchen wir?

Italien. Auf Einwanderer kann die EU wohl nicht ganz verzichten. Bei dem Versuch, Migrantenströme unter Kontrolle zu halten, wollen nun die Mitgliedstaaten auf EU-Ebene bestimmen, wie viele Migranten gebraucht und daher hereingelassen werden können. Die europäischen Innen- und Justizminister haben sich am vergangenen Freitag darauf geeinigt, in einer Studie eine mögliche Einwanderungsquote für die EU zu untersuchen. Die Initiative geht vom italienischen Innenminister Giuseppe Pisanu aus, der im Rahmen eines Ministertreffens in Rom das »Projekt Neptun« zur Bekämpfung illegaler Einwanderung vorgestellt hat. Insbesondere Mittelmeerländer wie Spanien, Griechenland und Frankreich haben den italienischen Vorschlag als »ersten praktischen Schritt« auf dem Weg zu einer europäischen Einwanderungspolitik begrüßt. Kritisch gegenüber dem Vorschlag hat sich Bundesinnenminister Otto Schily geäußert. Die Lage des Arbeitsmarktes sei in den EU-Staaten sehr unterschiedlich, sagte Schily, der Bedarf an Migranten solle weiterhin auf nationaler Ebene geregelt werden.

Wie in Argentinien?

Tschechien. Ein richtiges Horrorszenario malte die tschechische Gesundheitsministerin Marie Souckova vergangene Woche an die Wand. Einen Staatsbankrott wie in Argentinien befürchte sie, wenn sich das Land weiter verschulde und die Finanzreform nicht wie geplant durchgeführt werde. Die Gewerkschaftsverbände bezeichnen den Entwurf der Regierung dagegen als inakzeptabel. Fast 20 000 Demonstranten folgten am Samstag vergangener Woche dem Aufruf der Gewerkschaften zu einer Demonstration in Prag gegen die vorgesehenen Änderungen der Sozial- und Steuergesetze. Die Gewerkschaften wollen auch einen Generalstreik nicht mehr ausschließen, falls die Regierung auf ihre Änderungsvorschläge nicht reagiert. Sie fordern unter anderem, die Studienzeit bei der Berechnung der Rente miteinzubeziehen, das niedrigere Renteneinstiegsalter von Frauen mit mehreren Kindern beizubehalten und weiterhin während der ersten drei Tage einer Erkrankung ein ungekürztes Krankengeld auszuzahlen. Die sozialliberale Regierung gab sich allerdings bisher unbeeindruckt von den Forderungen. Die Proteste könnten sie nicht von den Reformplänen abbringen, hieß es. Die Regierung hat vor, bis 2006 die Ausgaben um 2,6 Milliarden Euro zu reduzieren.

Polizei vor Gericht

Italien. 73 Polizisten und leitenden Beamten droht wegen der Gewaltexzesse während des G 8-Gipfels in Genua ein Prozess. Am vergangenen Samstag hat die italienische Staatsanwaltschaft die Ermittlungen über die Razzia in der Diaz-Schule in der Nacht zum 21. Juli 2001 beendet. Dabei wurden damals 61 Personen schwer verletzt und 93 verhaftet. Die Polizei erklärte, in der Schule, die den Demonstranten als Media-Center und Unterkunft diente, jede Menge »waffenähnliches« Werkzeug gefunden zu haben. Den Beamten wird nun vorgeworfen, nicht nur wehrlose Menschen brutal verprügelt, sondern auch Beweise gefälscht zu haben. Die Polizei soll, laut Staatsanwaltschaft, zwei Molotow-Cocktails in die Schule geschmuggelt haben, um die Gewalt zu rechtfertigen und den Demonstranten Mitgliedschaft in einer »kriminellen Vereinigung mit dem Ziel, Verwüstungen anzurichten« vorzuwerfen. Weitere Ermittlungen betreffen die an Folter erinnernde Behandlung der Verhafteten, die als »unmenschlich« und »erniedrigend« bezeichnet wurde. Die Justizbehörden müssen nun über eine Anklageerhebung entscheiden.