See you later, Terminator

Mit einem Erdrutschsieg gewinnt Arnold Schwarzenegger die Gouverneurswahl in Kalifornien. Die Erwartungen sind so groß wie das Loch im Haushalt. von william hiscott

Übergroß erschien Arnold Schwarzenegger in den letzten Wochen, fast wie ein politischer Messias. Es wurde darüber gesprochen, einen Hollywoodfilm über sein Leben zu drehen – mit ihm selbst als Hauptdarsteller – oder die Verfassung zu ändern, damit er als eingewanderter Amerikaner für das Präsidentenamt kandidieren könnte. Das Muskelpaket aus Thal bei Graz hat als Mr. Universum und in seinen Filmen mehrmals als Retter der gesamten Welt fungiert – warum also nicht auch als Gouverneur oder gar als Präsident?

Sieht man von dem Medienrummel um Schwarzenegger ab, so haben die Republikaner in Kalifornien den Demokraten lediglich das Gouverneursamt weggeschnappt. Mit bewährten Tricks aus der politischen Mottenkiste: eine verfassungsrechtlich verankerte Sonderwahl, den so genannten Recall, organisieren und einen Star als Kandidaten aufstellen. Schwarzeneggers Trumpf: Er ist mit den Republikanern und der Bush-Familie seit über einem Jahrzehnt eng verbunden.

Mit einer berühmten Persönlichkeit an der Spitze hat die Republikanische Partei gehofft, ihre Wahlniederlage in Kalifornien von 2002 wettzumachen und die Demokraten noch vor Beginn des Wahljahrs 2004 zu demoralisieren. Beides hat sie erreicht.

Die Ergebnisse der Wahl sind außergewöhnlich: Mehr als 55 Prozent der Wähler sprachen sich für eine Absetzung des amtierenden demokratischen Gouverneurs Gray Davis aus. »Ein Viertel der demokratischen Wähler votierte für Davis’ Rausschmiss«, schreibt Marc Cooper in der linksliberalen Wochenzeitung The Nation, darüber hinaus auch »die Hälfte der Gewerkschaftshaushalte (…), fast die Hälfte der Latino-Wähler und fast 30 Prozent der Schwarzen.« Mit über 3,5 Millionen Stimmen insgesamt siegte Schwarzenegger, das sind 1,3 Millionen Stimmen Vorsprung vor seinem demokratischen Rivalen Cruz Bustamante. Allein die demokratischen Hochburgen um San Francisco blieben ihrer Partei treu. Ein zweiter, konservativer Republikaner bekam zudem knapp über eine Million Stimmen und landete auf dem dritten Platz. Und das Ganze bei einer für Kalifornien hohen Wahlbeteiligung von knapp 60 Prozent.

Profitieren konnten Schwarzenegger und die Republikanische Partei insbesondere von einem drastischen Nachlassen der Popularität von Gouverneur Davis. Die von der Deregulierung des Strommarktes generierte Energiekrise in Kalifornien, Kürzungen im Bildungssystem und eine Erhöhung des Schulgelds um 30 bis 40 Prozent haben ebenso dazu beigetragen wie die schlechte Wirtschaftslage, die mittlerweile die Staatskassen und die wählerstarke Mittelschicht mit voller Wucht erfasst.

Weniger als politische Inhalte zählten in der mit zwei Monaten außergewöhnlich kurzen Wahlkampfzeit aber Imagefragen. Und da konnte Schwarzenegger, der sich als Anwalt oder gar als »Champion« des kleinen, wütenden Mannes inszenierte, punkten. Vom Bodybuilder zum Millionär, mit dieser Lebensgeschichte knüpfte er an den American Dream an. Sein politischer Berater George Gorton stellte Schwarzeneggers Härte und Entschlossenheit heraus. »So sieht er die Dinge«, meinte Gorton der New York Times zufolge. »Wie Bodybuilding. Er sagte, jede Qual sei eine Freude, ein Schritt weiter auf dem Weg zum Ziel.« Anfang des Jahres hatten die Demokraten die Kfz-Steuer erhöht; das diente im Wahlkampf als populistisches Schlüsselthema, die Politiker und »politics as usual« wurden zu Sündenböcken stilisiert.

Ein Erdrutschsieg für die Republikaner also, mit insgesamt über 60 Prozent der Stimmen im Bundesstaat. Der seit 1994 andauernde Durchmarsch der Republikaner geht somit weiter, trotz aller Probleme, welche die Bush-Administration in Washington in letzter Zeit hat.

Die Stimmung in Kalifornien hat allerdings wenig mit Washington zu tun. In dem bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Bundesstaat der USA sind die Probleme überwiegend hausgemacht. Der Haushalt weist ein Defizit von 38 Milliarden Dollar auf, das Besteuerungssystem ist aufgrund der Elemente direkter Demokratie in Kalifornien in weiten Teilen nicht reformierbar. Sogar aus Hollywood werden ernsthafte Wirtschaftsprobleme gemeldet.

In Anbetracht dieser Probleme musste jemand mit Schwarzeneggers Bekanntheitsgrad und medialer Professionalität nur die schlechte Stimmung ausnutzen, zu der Parole »Fegt die Politiker weg« einen Besen in der Luft herumschwenken und, politisch überaus vage, Besserung versprechen.

Nun sind die Erwartungen der Wähler in den »Champion« groß. Vielleicht zu groß für das, was auf Gouverneur Schwarzenegger zukommt. Die Demokraten kontrollieren die Legislative und fast alle anderen Ämter im Bundesstaat. Die politische Klasse in der kalifornischen Hauptstadt Sacramento ist von Schwarzeneggers populistischen Tönen genervt, und viele seiner engsten Berater stammen aus dem Lager des ehemaligen republikanischen Gouverneurs Pete Wilson, der selbst für viele der hausgemachten Probleme, beispielsweise die Privatisierungsschlappe auf dem Energiesektor, verantwortlich ist.

Wie Präsident George W. Bush optiert Schwarzenegger für einen großen Beraterstab »kompetenter« Experten und zugleich für eine Politik des Personenkults, die ihn selbst zu einem über der Politik stehenden Macher und Retter des Bundesstaates stilisiert. Nach dem Motto: Ein narzisstischer Politiker löst vielleicht nicht die Probleme im Land, überlebt jedoch umso länger.

In Washington triumphiert die Bush-Administration. Die vorgebliche Regierungsunfähigkeit der Demokraten konnte zur Schau gestellt und die politische Hegemonie der Republikanischen Partei in den USA insgesamt ausgebaut werden. Und nicht zuletzt hat Bush einen tatkräftigen Wahlkampfhelfer in dem für die Präsidentenwahl im November 2004 wichtigsten Bundesstaat für sich gewonnen.

Zugute kam der Bush-Administration auch die Ablenkung, die die zirkusartige Wahl in Kalifornien mit sich brachte. Seit August sind »inkompetente« Demokraten und ein starker Schwarzenegger in aller Munde. Und nicht etwa die Pannen im Irak, die anhaltende Wirtschaftsflaute in den gesamten USA und das riesige Defizit im Bundeshaushalt. Auch die Affäre um das Outen einer CIA-Agentin seitens des Weißen Hauses, ein Racheakt gegen deren Ehemann, der als CIA-Sondergesandter die Bush-Lüge um den Kauf von Uran durch den Irak auffliegen ließ, trat angesichts der spektakulären Wahl in Kalifornien zunächst in den Hintergrund.

Doch in den nächsten Tagen dürfte es wieder heiß werden in Washington, da Schwarzenegger bereits jetzt nicht mehr im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht. Die Arbeit der Bush-Administration ist heftiger Kritik ausgesetzt – nicht nur von Seiten der Demokraten, sondern auch von wichtigen Medien, die derzeit vor allem wegen der Affäre um die Agentin nicht locker lassen.

Problematischer für Bush aber könnte die von Schwarzenegger ausgenutzte Stimmung gegen das politische Establishment sein. Arnold hat bewiesen, dass es nicht schwer ist, in Rezessionszeiten einen etablierten Politiker wie Gray Davis in Kalifornien aus dem Amt zu fegen. »Wenn die Ökonomie sich nicht erholt und unser Bundeshaushalts- und Staatsdefizit weiterhin nicht unter Kontrolle zu bekommen ist, wird diese Art der Wählerwut von einem Ort zum nächsten übertragen werden«, meint Mark Baldassare, Meinungsforscher am Public Policy Institute von Kalifornien.

Auf dieser Welle wollen auch Demokraten surfen. Joe Trippi, der Kampagnenmanager des potentiellen Bush-Herausforderers Howard Dean, meinte im Hinblick auf die Wut der Wähler: »Dieselben Kräfte werden Bush nächstes Jahr in Gefahr bringen.«