Ganz neue Formel

Baskischer Nationalismus vs. spanischer Nationalismus von gaston kirsche

Der baskische Ministerpräsident Juan José Ibarretxe nennt seinen Plan für mehr Selbstbestimmungsrechte der Region »eine Alternative für die Zukunft der baskischen Gesellschaft«. Am Freitag will er im baskischen Regionalparlament einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen. Doch natürlich stößt der so genannte Ibarretxe-Plan auf Widerstand in Madrid. Für die spanische Zentralregierung unter José María Aznar von der konservativen Volkspartei PP läuft Ibarretxes Plan auf die Abspaltung des Baskenlandes von Spanien hinaus.

Tatsächlich wirbt Ibarretxe in dem Entwurf für die Autonomierechte eines baskischen Volkes: »Gegenüber der Strategie des ökonomischen Neoliberalismus, der auf dem Modell des individuellen Wettbewerbs basiert, hat unsere selbstständige Regierungspolitik es uns ermöglicht, im Baskenland ein eigenes Modell der sozialen Ordnung zu entwickeln, gegründet auf der nachhaltigen Entwicklung und der Solidarität.« Dabei hat die regionale baskische Sozialpolitik den Folgen der kapitalistischen Deregulierung nur wenig entgegenzusetzen. Ibarretxes Baskische Nationalistische Partei (PNV) verbindet baskischen Nationalismus mit Standortwettbewerb und christlicher Soziallehre – die typische Wettbewerbspolitik einer relativ reichen Region, verbunden mit national aufgeladener Sozial- und Gesundheitspolitik. Die PNV hätte gerne mehr Kompetenzen vom Zentralstaat und würde gerne weniger Steuereinnahmen an ärmere Regionen Spaniens abgeben. So weit, so üblich.

Zusätzlich besteht die PNV aber darauf, dass die von ihrem Parteigründer Sabino Arana vor 105 Jahren erfundene baskische Nation als eigenes Volk besondere Rechte erhält. Die traditionell völkische Rhetorik, die in ihren Konsequenzen wesentlich ausgrenzender ist als der nominell sozialistische Nationalismus der ETA, ist eine permanente Herausforderung für den Nationalismus der spanischen Rechten. Die baskische Regionalregierung versucht abzuwiegeln. Es gehe lediglich »um eine neue Formel der freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem Baskenland und dem spanischen Staat, gegründet auf freier Assoziation und gegenseitigem Respekt«, so ihr Sprecher Josu Jon Imaz. Neben dem Recht auf nationale Selbstbestimmung und der Festschreibung einer nationalen Identität der Basken sieht der Ibarretxe-Plan die vollständige Autonomie der baskischen Justiz vor sowie eine eigenständige Vertretung als Region in den Gremien der EU analog etwa den deutschen Bundesländern.

Zentraler Streitpunkt ist eine für 2005 anvisierte Volksabstimmung über die Frage, ob das Baskenland unabhängig werden oder Teil des spanischen Staates bleiben soll. Doch diese Abstimmung wird nie stattfinden, denn die beiden großen nationalen Parteien Spaniens, die konservative PP und die sozialdemokratische PSOE, sind sich mit dem Militär und dem König einig, dass Spanien unteilbar sein soll. Das weiß auch Ibarretxe, der kein Interesse an einer derartigen Konfrontation hat.

Dennoch wird seine PNV weiterhin die nationale Rhetorik pflegen, um die Wähler der als angebliches Sprachrohr der Eta verbotenen linksnationalen Partei Batasuna zu absorbieren und sich als führende baskisch-nationale Partei zu behaupten. Die PP von Aznar kann sich dagegen als führende spanisch-nationale Partei präsentieren, die die Einheit des Vaterlandes garantiert. Daher wird die PP den Ibarretxe-Plan immer wieder ins Gespräch bringen – als ideales Thema für die im März anstehenden Parlamentswahlen.