Wegstrukturiert

Sparpläne bei Frauenprojekten

»Wer hat die Schulden gemacht?«, fragt Helga Adler vom Frauenzentrum Paula Panke. Sie steht mit dem Megafon vor über 100 Vertreterinnen von Berliner Frauenprojekten, die vor der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen demonstrieren. »Wir nicht! Und trotzdem werden wir aufgefordert, uns an der Haushaltskonsolidierung zu beteiligen!« Die Frauen johlen, trommeln und pfeifen.

Es geht um Sparmaßnahmen des Senats. Dieses Mal sind die Frauenprojekte an der Reihe, deren Förderung mit 9,1 Millionen Euro gerade 0,05 Prozent des Gesamthaushalts ausmacht. Jetzt soll der Etat um eine Million Euro gekürzt werden. Vielen Projekten, denen im Jahr nur 60 000 bis 150 000 Euro zur Verfügung stehen, droht dann die Schließung, denn die finanziellen und materiellen Ressourcen sind knapp.

Gespart wird nämlich schon seit 1996. Kürzungen bei den Personalkosten und in den verschiedenen Projektbereichen brachten dem Senat seither insgesamt fünf Millionen Euro ein. Doch im Doppelhaushalt für 2004/2005 ist vorgesehen, die Ausgaben bis 2005 um weitere 600 Millionen Euro insgesamt zu senken. Was bei den Frauenprojekten eingespart werden soll, ist zwar nur ein Bruchteil davon. Aber die Projekte wird es hart treffen.

Über Einzelheiten der Kürzungspläne soll erst im Juni 2004 entschieden werden. Sicher ist schon jetzt, dass alle Bereiche betroffen sein werden: Antigewalt-, Migrantinnen-, und soziokulturelle Frauenprojekte. »Damit ist die gesamte Infrastruktur der Frauenbewegung gefährdet«, sagt Eva-Maria Radke vom ökumenischen Frauenzentrum Evas Arche. »Die verschiedenen Bereiche bauen doch alle aufeinander auf.«

»Wolf, wie viele von uns willst du noch fressen?«, lautet das Motto der Demonstration. Der angesprochene Harald Wolf (PDS), Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen, stellt sich der Menge. Als er an die Seite von Helga Adler tritt, wird er ausgebuht. »Wollen Sie der männliche Senator sein, der die gesamte Fraueninfrastruktur der Stadt zerstört?« Harald Wolf lächelt gequält, einen Papierpacken in der Hand. 1 600 Unterschriften gegen die geplanten Kürzungen haben die Demonstrantinnen gesammelt und ihm übergeben. »Das ist nicht meine persönliche Entscheidung, sondern die des gesamten Haushaltsausschusses«, rechtfertigt er sich. Wieder Buhrufe. Man wolle mit den Frauen in eine Diskussion über die Aufrechterhaltung der Angebotsstruktur treten, sagt er. Es gehe nicht um die Zerschlagung der Infrastruktur, sondern um die Planungssicherheit der Projekte.

Was aber bedeutet Planungssicherheit, wenn viele Projekte schließen müssen? »Wozu über Strukturerhalt sprechen, wenn die Kürzungen ganze Bereiche treffen?«, fragt auch Helga Adler. »Wir sind unter diesen Umständen nicht zu Gesprächen bereit.«

Die Chancen, dass die Sparpläne revidiert werden, sind jedoch gering. Ein Blick auf die Frauenpolitik anderer Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen (Jungle World, 43/03) und Hessen zeigt, dass auch hier Zerstörung gemeint ist, wenn von Umstrukturierung gesprochen wird.

sonja fahrenhorst