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Ab in den Knast

Großbritannien. Kurzer Prozess für Asylbewerber: Wessen Antrag abgelehnt wird, kann gegen die Entscheidung noch einmal Berufung einlegen. Dann ist Schluss. Ein dritte Instanz für Asylverfahren wird im neuen britischen Asylgesetz, das Innenminister David Blunkett vergangene Woche vorgestellt hat, explizit ausgeschlossen. Die neuen Gesetze sehen auch eine erweiterte Kriminalisierung von Immigranten vor. Wer sich nicht ausweisen kann, soll demnächst im Gefängnis landen. Immigranten, die ohne Papiere ankommen, sollen mit Haftstrafen bis zu zwei Jahren abgeschreckt werden. Außerdem drohen Strafen, wenn die Einwanderungsbehörde befindet, dass der Betroffene nicht ausreichend bei der Wiederbeschaffung der Papiere behilflich ist. Auf diese Weise wird es für die meisten Asylsuchenden fast unmöglich, auf legale Weise einzureisen.

Amnesty international wies darauf hin, dass etwa Folteropfer aus Zimbabwe wohl kaum über einen gültigen Reisepass verfügen. Als Trostpflaster gibt es vor Inkrafttreten des Gesetzes noch eine Amnestie. 15 000 Familien erhalten eine Bleibe- und Arbeitserlaubnis auf der Insel. Blunketts Begründung ist sehr pragmatisch: Die Maßnahme entlastet den britischen Steuerzahler.

Eurobarometer fällt

Europa/Israel. Mit einem solchen Ergebnis hatte die EU-Kommission wohl nicht gerechnet, als sie die Umfrage in Auftrag gab: 59 Prozent der Europäer sehen Israel als die größte Bedrohung für den Weltfrieden, gefährlicher noch als so genannte Schurkenstaaten wie der Iran oder Nordkorea. Mehr als 7 500 EU-Bürger in 15 EU-Mitgliedstaaten wurden zur Situation im Irak und den Auswirkungen auf den Weltfrieden befragt worden. Doch das Ergebnis des jüngsten Eurobarometers entsetzte offenbar auch die Auftraggeber. Die EU-Kommission veröffentlichte zunächst nur Teile der Umfrage. Erst die Zeitung El Pais machte am vergangenen Donnerstag auch die Israel betreffenden Antworten bekannt.

Der Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Los Angeles, Rabbi Marvin Hier, nannte das Umfrageergebnis einen Ausdruck »rassistischer Fantasien«. Sollten sich die Ergebnisse bewahrheiten, müsse die EU vom Friedensprozess im Nahen Osten ausgeschlossen werden.

Dritter Versuch

Serbien. Am 16. November wird die ehemalige Jugoslawische Republik zum dritten Mal versuchen, einen neuen Präsidenten zu wählen. Im September und Dezember 2002 scheiterten die Abstimmungen an einer Wahlbeteiligung unter 50 Prozent, seit Januar hat Parlamentspräsidentin Natasa Mitic übergangsweise das Präsidentenamt inne. »Ohne einen Präsidenten sind wir ein unvollendetes Bauwerk«, sagte Dragoljub Micunovic, Parlamentspräsident von Serbien und Montenegro, und rief die Bevölkerung zur Wahlteilnahme auf. Micunovic ist Chef der zum DOS-Bündnis gehörenden Partei Demokratisches Zentrum, die im Jahr 2000 Slobodan Milosevic stürzte. Sein bedeutendster Gegner ist der Ultranationalist Tomislav Nikolic.

Mein Gott

Italien. Dass das Kruzifix aus den italienischen Schulklassen so leicht entfernt werden könnte, hatte niemand ernsthaft geglaubt. Immerhin erreichte die Diskussion um religiöse Symbole in Schulklassen auch die Heimat des Papstes, ohne dass sie eine Spur hinterließ.

Vor zwei Wochen hatte der Präsident der Moslemischen Union Italiens ein Antrag auf Entfernung des Kreuzes in der Schulklasse seiner Kinder in der Grundschule eines Bergdorfes in den Abruzzen eingebracht. Zum »Ausgleich« wollte er ein Koranzitat an der Wand aufhängen. Als ihm dies verwehrt wurde, zog er vor Gericht und erhielt Recht. Der Beschluss löste in ganz Italien Empörung aus. Der gekreuzigte Jesus soll nämlich aus den Schulklassen verschwinden. Begründet wurde der Beschluss damit, dass er »in Wirklichkeit nicht mehr das kulturelle Erbe aller Bürger darstelle«. Gleich bildete sich gegen diese Entscheidung eine breite Koalition.

Dabei ging es aber nicht um die Neutralität der staatlichen Institutionen, um interkulturellen und interreligiösen Dialog, ganz im Gegenteil. Während die katholisch-rechte Regierung das Kreuz als unverzichtbares Symbol verteidigte, »das mit unserer Geschichte, Tradition und nationalen Identität zutiefst verbunden ist«, warf die Opposition dem Richter vor, einen Religionskrieg in Italien stiften zu wollen. Der Streit endete schnell und zugunsten des Kruzifixes. Die italienische Justiz hob schnell den umstrittenen Gerichtsbeschluss auf.

Die kleine Grundschule in den Abruzzen, die zur »Beruhigung der Gemüter« und zum »Schutz der Kinder« für einige Tage geschlossen war, machte wieder auf. Und die nationale Identität wurde gerettet.

Neuer eiserner Vorhang

Polen/Ukraine. Seit der Visumseinführung für die Einreise in die EU warten jeden Tag tausende Menschen vor dem polnischen Konsulat in L’viv, Westukraine, darauf, einen Antrag zu erhalten. Maximal 300 Personen bekommen jedoch täglich einen solchen Antrag und die Bestätigung seiner Abgabe. In der Regel muss man zehn Tage warten, um diese Prozedur hinter sich zu bringen. Das Visum selbst erhalten die Antragsteller oft erst nach einem Monat.

Bereits jetzt floriert ein lebhafter Handel rund um die Visumsbeantragung. Vor allem Rentner, die in den Häusern rund um das polnische Konsulat wohnen, tragen auf den ausgegebenen Listen die Namen der Visumswilligen ein und kassieren dafür zwischen 50 und 100 Hryvna, was zehn bis zwanzig Dollar entspricht. Für Viele bedeutet diese Summe eine Verdopplung ihrer Rente.

In der Ukraine ist der Winter eingezogen, in L’viv der erste Schnee gefallen. Damit werden die Bedingungen für die Menschen, an ein Visum zu kommen, das es ihnen ermöglicht, den überlebenswichtigen Kleinhandel an der ukrainisch-polnischen Grenze zu betreiben, immer schwieriger.