Wenn ich König von Serbien wär’

Nach den gescheiterten Wahlen

Nachdem Serbien zuerst vom Kommunismus und dann von »unverantwortlichen Politikern« zerstört wurde, ist jetzt die Zeit für eine Restauration der Monarchie. Das meint zumindest Seine Majestät, der Kronfolger Prinz Aleksandar II. Karadjordjevic höchstselbst. Bereits vor einigen Jahren erklärte der aus dem Exil an die Donau zurückgekehrte Prinz auf einer Pressekonferenz, nur die Wiedereinführung der Monarchie könne das im Chaos versinkende Land auf den Weg zu »Stabilität und Einheit« führen.

Weil die Serbisch-Kenntnisse des über ein halbes Jahrhundert in der britischen Hauptstadt von seinem Volk isoliert darbenden Monarchen nur für vom Blatt abgelesene Erklärungen reichen, blieb es Dragomir Acovic, einem Mitglied des Kronrates, überlassen, die Vorstellungen der Hoheit zu konkretisieren. Die drei an mangelnder Beteiligung gescheiterten Präsidentschaftswahlgänge der vergangenen Monate hätten gezeigt, dass »das Volk« genug habe vom »Schabernack und den unfruchtbaren Diskussionen« der Politiker. Deshalb, sekundiert Pavle Nikolic, ein anderes Mitglied des Kronrates, sei es jetzt Zeit für das »Projekt eines konstitutionellen Königreiches Serbien«. Da »heute keine einzige größere Partei gegen die Monarchie« votiere, benötige man noch nicht einmal ein Referendum, um diese wieder einzuführen.

Damit scheint der Kronrat tatsächlich nicht so falsch zu liegen. Denn außer einigen alten Partisanen und jungen Anarchisten hat sich bisher niemand öffentlich über den Vorstoß empört. Ganz im Gegenteil: Das Oberhaupt der einflußreichen serbischen orthodoxen Kirche, Patriach Pavle, stellt sich demonstrativ hinter den Monarchen. Die »Abschaffung der Monarchie« sei eine »Folge der Tyrannei« der Kommunisten gewesen, schreibt der Patriarch in einem offenen Brief. In einem »wirklich demokratischen System« müssten diese Entscheidungen deshalb »sofort aufgehoben« werden. Die Karadjordjevics legt der Kirchenmann den Serben insbesondere deshalb ans Herz, weil sich Serbien ohne den Begründer der Dynastie in den »Befreiungskriegen« des 19. Jahrhunderts kaum »vom türkischen Joch« erlöst hätte. Und »befreien« müsse sich das Land heute auch.

Wenn die Kirche zur Pflichterfüllung für das Vaterland ruft, sind in Serbien die Politiker nicht weit. Mit dem nationalistischen Dichter Vuk Draskovic von der Serbischen Erneuerungsbewegung und dem gerne Journalisten verprügelnden Politrowdy Velimir Ilic von der Partei Neues Serbien hat sich bereits ein Wahlbündnis gegründet, das die Restauration der Monarchie zu einem Hauptprogrammpunkt macht. Mit dem kirchlichen Segen für die Monarchie hoffen sie bei den am 28. Dezember anstehenden Parlamentswahlen zum Erfolg zu kommen.

Dass er besonders eindrucksvoll werden könnte, ist aber unwahrscheinlich. Denn die Serbische Radikale Partei mit dem in Den Haag einsitzenden Spitzenkandidaten Vojislav Seselj trifft mit ihrem »Anti-Globalisierungsprogramm«, einer »Mischung aus Le Pen und Chomsky«, wie eine Parteisprecherin das Erfolgsrezept der Truppe treffend erklärt, die Stimmung der Wähler im nationalistischen Lager derzeit besser. Das ist insbesondere für Aleksander II. Karadjordjevic betrüblich. Denn die Radikalen sind zwar ebenfalls für die Monarchie, bevorzugen aber die konkurrierende Dynastie derer von Obrenovic.

boris kanzleiter, belgrad