Jean raucht

ich-ag der woche

Hat dieser Mann einfach Glück gehabt? Während seiner Amtszeit adelten die UN viermal Kanada zum Land mit der besten Lebensqualität. In sechs seiner zehn Jahre als Premierminister erwirtschaftete er einen Haushaltsüberschuss. Die Sparmaßnahmen, die dazu nötig waren, hatte schon sein Vorgänger eingeleitet, und so konnte Jean Chrétien noch kurz vor seiner Pensionierung das staatliche Gesundheitssystem wieder ausbauen und die Sozialleistungen für allein erziehende Mütter erhöhen.

Was wiegt bei so einer Bilanz schon der Spott über seinen lebenslangen Kampf mit der Grammatik seiner Muttersprache Französisch und mit der zweiten Amtssprache Englisch im Allgemeinen? Und dass ihn Konservative in den USA als die Massenvernichtungswaffe Kanadas bezeichnen, weil er keine kanadischen Truppen in den Irak schickte, wird Chrétien unter »gestärkte Unabhängigkeit« abbuchen.

Dazu passend hinterließ er seinem Nachfolger Paul Martin, der am vergangenen Freitag seinen Posten antrat, zwei Besonderheiten: Ein Gesetz, das Schwulen und Lesben in ganz Kanada das Heiraten erlaubt. Und ein zweites Gesetz zur Entkriminalisierung von Marihuana. Nachdem in Kanada der Joint auf Rezept schon länger legal ist, soll nun der Besitz kleiner Mengen des THC-haltigen Stoffs nur noch mit einem kleinen Bußgeld geahndet werden.

Chrétien schien die letzte Tat besondere Freude zu bereiten. Er kenne Marihuana nicht, aber nach der Entkriminalisierung könne er es vielleicht mal probieren. »In einer Hand werde ich die Scheine für das Bußgeld halten, in der anderen den Joint.«

ferdinand muggenthaler