»Kurden haben ihn gefunden«

Die Verhaftung Saddam Husseins

Die irakische Menschenrechtsaktivistin und Politikerin Safia Taleb al-Sohail setzt sich für einen säkularen, demokratischen Irak und die Rechte der Frauen ein. Sie hat sich um einen Sitz im irakischen Regierungsrat beworben.

Die Amerikaner behaupten, die »großartige Arbeit« ihrer Geheimdienste hätte die Verhaftung Saddam Husseins am Sonntag ermöglicht. Hat es die Besatzungsmacht also alleine geschafft?

Nein. Es war eine gemeinsame Aktion von kurdischen Peschmerga-Kämpfern und US-Einheiten. Der wirkliche Held dieses Tages ist aber der Kurdenführer Kosrat Ali Rasul von der Patriotischen Union Kurdistans. Er war schon seit Monaten hinter Saddam her und hat ihn offenbar aufgespürt. Insofern hatte das irakische Volk wesentlichen Anteil daran.

Saddams Söhne Udai und Kusai wurden im Sommer getötet, als sie sich ihrer Verhaftung widersetzten. Saddam Hussein blieb offenbar unverletzt. Sind Sie froh darüber?

Ja, sehr, denn nur so können wir bei einem Prozess gegen ihn wirklich herausfinden, was in den letzten Jahrzehnten in diesem Land passiert ist. Und dieser Prozess muss bald stattfinden.

Gegen andere ehemalige Vertreter des Regimes wurde bislang noch kein Prozess eröffnet, vielmehr sind sie unter der Obhut der USA an irgendwelche geheimen Orte gebracht worden. Soll das nun auch mit Saddam passieren? Immerhin wurde Ihr Vater als Oppositioneller 1994 in Beirut von einem Todeskommando Saddams ermordet. Sie müssten also großes Interesse an einem baldigen Prozess haben.

Der Prozess gegen Saddam Hussein muss sofort beginnen. Wir können nicht ewig warten und auf keinen Fall sollen ihn die Amerikaner versteckt halten. Wir haben ja alle Dokumente gegen ihn, wir wissen, was er verbrochen hat. Noch in dieser Woche werde ich mit der Unterstützung meiner Anwälte versuchen, einen Prozess gegen ihn anzustrengen. Und ganz wichtig ist, dass es ein irakisches Gericht unter internationaler Aufsicht ist, das Saddam verurteilt. Es darf kein amerikanisches Gericht sein, denn Saddam hat uns tyrannisiert und nicht die Amerikaner. Saddam ist verantwortlich für den Tod von Millionen.

Nun haben die Iraker erst vor wenigen Tagen ein Tribunal geschaffen. Treten Sie dafür ein, dass ein Gericht unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen nach dem Vorbild des Haager Tribunals für Ex-Jugoslawien geschaffen wird?

Wir können nicht schon wieder auf die Vereinten Nationen warten.

Sollte Saddam Hussein mit dem Tod bestraft werden?

Wenn die Beweise dafür ausreichen, habe ich nichts dagegen. Aber es muss ein faires Verfahren sein.

Die US-Administration hofft, dass nun die Angriffe der Guerilla zumindest abflauen. Hegen Sie auch diese Hoffnung?

Die Angriffe werden limitiert sein, aufhören werden sie aber keinesfalls. Denn Sie dürfen nicht vergessen, dass im Irak viele Guerillagruppen operieren, und einige von denen haben eine ganz andere Agenda als die Wiedererlangung der Macht durch die Ba’ath-Partei. Und selbst unter den Ba’ath-Anhängern wird es Leute geben, die durchaus froh sind, dass Saddam Hussein weg ist, und die werden sich neu strukturieren und eine neue Führungsspitze aufbauen. Es wird also zu einem Generationswechsel bei der Ba’ath-Guerilla kommen, nicht aber unbedingt zu einem Ende der Angriffe. Ich aber glaube, dass auch den Ba’ath-Anhängern jetzt klar ist, dass sie zumindest für die nächsten zehn Jahre nicht mehr an die Macht kommen.

interview: martin schwarz