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in die presse

Relaunch nennt man so etwas nicht. Zumindest nicht in der Nähe des S-Bahnhofs Ostkreuz, denn in diesem beschaulichen Flecken Berlins ist ja nicht das New Germany zu Hause, sondern das Neue Deutschland, und daher nennt sich hier die Umgestaltung einer Tageszeitung »inhaltliche und gestalterische Überarbeitung«. Nicht mal das Wort Layout möchte man kennen.

Aber der Berliner Zeitung, die ja so etwas wie die Lokalausgabe des Neuen Deutschland sein möchte, nachdem sie ein paar Jahre lang auf Westwirrungen unterwegs war, konnte man jüngst entnehmen, dass die »im Schnitt über 60jährige Leserschaft« des ND eher gar nicht das Feuilleton schätzt, zumindest nicht solche Teile des Feuilletons, in denen über Amerikanisches berichtet wird. Daher soll künftig die donnerstägliche Filmseite wegfallen, was ja auch in gewisser Weise vernünftig ist, denn so groß ist der wöchentliche Ausstoß der Defa ja seit ein paar Jahren nicht mehr.

Und aus den Ressorts »Buntes«, »Panorama« und »Sport«, hat die Berliner Zeitung herausgefunden, werde künftig ein ND-Ressort namens »Service« entstehen.

Das kann ja nix werden. Dass das unschuldige Wort »Sport« ursprünglich ein englisches ist, konnte ein ND-Leser ja noch mit dem bildungsbürgerlichen Wissen, dass es ja letztlich aus dem Vulgärlateinischen »desportare« (sich vergnügen) komme, ignorieren.

Aber Service? Das ist »(Kunden)dienst, Bedienung, Kundenbetreuung«, lehrt der Duden, und dass es im Tennissport auch einen »Aufschlag(ball)« beschreibt, führt vielleicht gar zu weit.

Das ND jedenfalls goes modern. Das Ressort »Panorama«, das bislang die sozialistische Zeitungsberichterstattung über den europäischen Hochadel besorgte, die Ratgeber-Redaktion, die noch in der letzten Woche mit der Schlagzeile »Fehlgeschlagener Protest gegen Telefonkabel auf dem Feld« brillierte, und die Sportredaktion, die sich bestimmt noch nie in ihrer Geschichte zu Schulden kommen ließ, zu viel über amerikanischen Sport berichtet zu haben, werden künftig also gemeinsam den Service bieten müssen. Relaunch nennt man das nicht.

martin krauss