Kommt gut!

Der letzte linke Student XXIX von jörg sundermeier

Der letzte linke Student schaut nach vorn. Doch: der letzte linke Student schaut auch zurück. Zurück schaut der letzte linke Student, weil: kein Vergeben und Vergessen. Das heißt: kein Frieden mit Hitler und den Nazis. Und das heißt allerdings auch: Kampf dem Sexismus. Und dem: falschen Essen. Und ebenso: Kampf dem Hunger. Und überhaupt: dem falschen Leben. Darum: schaut der letzte linke Student zurück.

Nach vorn schaut der letzte linke Student, denn dort ist die Hoffnung. Und: »Hoffnung ist der Schmierstoff des Motors der Revolutionen.« So steht es im besonderen Notizbuch des letzten linken Studenten. Nach vorn schaut der letzte linke Student und sieht auch Hunger. Und er sieht auch: Nazis. Und er sieht auch: das falsche Leben. Allerdings: der letzte linke Student sieht nicht nur das. Er sieht auch hinter all dem kommen: eine neue Zeit. Und sogar: eine freie Gesellschaft. Mit einer: eigenen Moral. Etwas: wofür es sich zu kämpfen lohnt.

Denn: wenn man intensiv genug kämpft, dann sind die Revolution und das freie Leben und die freie Liebe und eine Geborgenheit, die alles überstrahlt, nichts, was nur unsere Kinder kriegen, sondern eben: man selbst. »Die Kinder sollen es mal besser haben, das war eine gute Losung. Doch sie ist heute völlig überholt. Die neue Utopie muss richtig lauten: ›Wir wollen es besser haben‹. Denn wer für die Kinder kämpft, kriegt vielleicht gar nie welche. Das frustriert. Wer dagegen aber für sich kämpft, der ist motiviert und wird den Kampf aktiv unterstützen. Selbst wenn der eine oder andere im Kampf fällt, so hat er es doch für sich getan, so wie ich es für mich tue, und diese Aussicht hält uns alle am Leben.« Diese Sätze stehen ebenfalls im besonderen Notizbuch des letzten linken Studenten.

Der letzte linke Student weiß inzwischen, dass so manches Ich stärker ist als ein Wir. Zwar: allein machen sie dich ein. Aber: »Nicht alle meine Bedürfnisse kriege ich von der Gesellschaft gedeckt.« Schon wieder steht das im: besonderen Notizbuch.

Allerdings: was wahr ist, muss auch geschrieben werden. Wahr ist zum Beispiel: Der letzte linke Student liebt die neue schönste Studentin. Und in der Zukunft: sieht er, dass sie zusammen sind. Denn wie schrieb schon Nostradamus: »hmmm hmm hm / hmmm hmm hmm hm / und die Liebe wird sein.« Bei den ersten Zeilen weiß der letzte linke Student leider nur noch die Rhythmik. Doch: der letzte Vers stimmt. Natürlich: glaubt der letzte linke Student nicht an Nostradamus. Denn: Nostradamus ist Esoterik. Und Esoterik: ist nicht links. Aber: das mit der Liebe gefällt dem letzten linken Studenten. Nun gilt hinwieder: was gefällt, ist schön. Und was schön ist, ist schon beinahe Kommunismus. Und warum: soll nicht auch mal ein Esoteriker recht haben? Vor allem: Nostradamus lebte im 16.Jahrhundert. Und da gab es noch gar keine Esoterik! Also: war das schon o.k. so.

In der Zukunft also sehen wir die Liebe. Und in der Zukunft erhoffen wir: die Revolutionen. Insofern kann man sagen: Alles wird besser. Und das: konnte man zum einen nicht immer sagen. Und man sagt es sowieso zum anderen: ganz gern. Nun also freut sich der letzte linke Student. Er freut sich in den Tag hinein. Weil: alles kommt gut bald. Und auch wir sollten durchaus mal die Füße auf den Tisch legen und uns richtig wohlfühlen, so von innen her.