Ein neuer Messias

Führungswechsel in der griechischen Regierungspartei Pasok

Der sogar in der eigenen Partei unbeliebte griechische Ministerpräsident Kostas Simitis hat in den letzten Wochen des letzten Jahres alles versucht, um die Stimmung zu seinen Gunsten herumzureißen. Doch auch populistische Maßnahmen, wie die Steuern zu senken, die Renten zu erhöhen und Tausende nicht genehmigter Bauten zu legalisieren, halfen ihm nicht. Die Umfrageergebnisse für die sozialdemokratische Pasok wurden immer schlechter. Anfang des Jahres zog Simitis die Konsequenz und schlug den beliebten Außenminister Jorgos Papandreou als neuen Parteivorsitzenden und als Spitzenkandidaten für die vorgezogenen Neuwahlen am 7. März vor.

Seitdem herrscht Aufbruchstimmung in der Partei. Die enthusiastische Parteibasis wird Papandreou auf einem Sonderparteitag Anfang Februar voraussichtlich mit realsozialistischen 99,9 Prozent zum Vorsitzenden und Spitzenkandidaten wählen. Bei seinem ersten Auftritt am Sonntag vergangener Woche wurde er von mehreren Tausend fanatisierten AnhängerInnen wie ein neuer Messias gefeiert. Ehemalige Minister, die sich wegen Simitis’ autoritärem Führungsstil zurückgezogen hatten, kehren nun in die Politik zurück. Auch seit Jahren passive Parteimitglieder engagieren sich nun im Wahlkampf.

Der 52jährige Papandreou ist in allen Altersstufen und Bevölkerungsschichten gleichermaßen populär. Als sportbegeisterter, leger gekleideter Ex-Kiffer spricht er die Jugend an. Als Konstrukteur der griechisch-türkischen Annäherung und zurückhaltender Diplomat genießt er international und auch bei innenpolitischen Gegnern große Anerkennung. Aufgrund seiner Familiengeschichte kann er die weniger privilegierten Schichten der Gesellschaft, die ehemals traditionelle Klientel der Pasok, mobilisieren. Sein Vater Andreas Papandreou gründete 1974 nach dem Sturz der Obristendiktatur die Panhellenische Sozialistische Bewegung und war von 1981 bis 1989 und erneut Mitte der neunziger Jahre Ministerpräsident. »Jorgakis«, der »kleine Jorgos«, wird er zudem in Anspielung auf seinen Großvater Jorgos Papandreou genannt. Er war Chef der linksliberalen Zentrumsunion und von 1963 bis 1965 Ministerpräsident des Landes.

Inhaltlich ist von Papandreou, der nie Widerspruch zur Politik von Simitis anmeldete, bisher nicht viel zu hören. Nur dies: Die Pasok solle »radikal verändert« und über die Parteigrenzen hinweg zu einer »großen demokratischen Formation« ausgebaut werden. Zudem kündigte er an, innerparteiliche Machtkartelle abzubauen und die BürgerInnen durch Volksbefragungen zu mehr demokratischer Teilnahme zu animieren. In offenem Widerspruch zur Verfassung und zu der Parteilinie steht seine Forderung, »nichtstaatliche Universitäten« zuzulassen.

In der Opposition macht sich dagegen Panik breit. Nach einer am vergangenen Dienstag veröffentlichten Umfrage hat sich der Vorsprung der konservativen Partei Nea Dimokratia von neun auf zwei Prozentpunkte verringert. Sollte Oppositionsführer Kostas Karamanlis bei den Wahlen erneut scheitern, wäre dies das Ende seiner politischen Karriere.

Auch die aus der Linksallianz und anderen Gruppen und Parteien hervorgegangene Partei Allianz der radikalen Linken hat Grund zur Besorgnis. Parteichef Nikos Konstantopoulos verkündet nach der Nominierung von Papandreou, das Auswechseln von Köpfen ändere nichts an der neoliberalen Politik. Gleichwohl besteht für die Allianz die die Gefahr, an der Dreiprozenthürde zu scheitern.

ralf dreis, thessaloniki