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Brüderliche Islamisten

Ägypten. Kontroversen um seine Wahl habe es nicht gegeben, behauptete Muhammad Mahdi Akef, der am Mittwoch der vergangenen Woche gewählte Führer der Muslimbruderschaft: »Wir sind alle Brüder.« Nicht selten aber gibt es unter Geschwistern heftige Konflikte, auch wenn die um ihren Ruf besorgte Familie nichts davon nach außen dringen lässt. In der Muslimbruderschaft stellt eine jüngere Generation von Aktivisten, die sich am Beispiel der politisch integrierten türkischen Tugendpartei orientiert, die Vorherrschaft der »alten Garde« in Frage. Der Ausgang des Machtkampfes in der ältesten islamistischen Organisation und wichtigsten ägyptischen Oppositionsgruppe dürfte die Entwicklung anderer fundamentalistischer Strömungen beeinflussen.

Mit der Wahl des 75jährigen Akef hat sich die »alte Garde« noch einmal durchgesetzt. Um die Kritiker nicht zu verprellen, wurde Muhammad Habib, der zwar nur zehn Jahre jünger ist, aber als »Reformer« gilt, zu seinem Stellvertreter ernannt. Gemeinsam wollen sie sich um eine Legalisierung der Muslimbruderschaft als politische Partei bemühen. Bislang werden die Aktivitäten der illegalen Organisation meist geduldet, es gibt jedoch sporadische Verhaftungswellen, und bei den Parlamentswahlen müssen Muslimbrüder als »Unabhängige« oder Mitglieder anderer Parteien kandidieren.

Jihad gegen Jihadisten

Pakistan. Es war kein guter Tag für den Präsidenten und Militärherrscher Pervez Musharraf. Kaum hatte er am Samstag seine erste Rede vor dem Parlament begonnen, riefen oppositionelle Abgeordnete »Verschwinde, Musharraf« und »Nieder mit dem Diktator«. Sie hielten das während der gesamten 40minütigen Ansprache durch, und die Versuche regierungstreuer Abgeordneter, sie durch Trommeln auf den Tischen zu übertönen, heizten die Stimmung weiter an. Die Opposition kritisiert die Legal Framework Order, die Musharraf unter anderem das Recht gibt, das Parlament aufzulösen und Minister zu entlassen. Sein Versuch, sich vor dem Parlament als ziviler Staatschef zu präsentieren, muss als gescheitert betrachtet werden.

Auch des Generals Aufruf zum »heiligen Krieg« wäre im Tumult fast überhört worden: »Ich rufe euch und das pakistanische Volk dazu auf, einen Jihad gegen den Extremismus zu führen.« Offenbar möchte er religiöse Emotionen gegen die Islamisten wecken, die sein Bündnis mit den USA und die geplanten Verhandlungen mit Indien kritisieren. Der Versuch, mit einem regierungstreuen Staatsislam den Islamismus zu bekämpfen, hat in anderen islamischen Ländern jedoch immer zu dessen Stärkung geführt.

Selbstherrliche Präsidentin

Sri Lanka. »Es ist meine Sache zu entscheiden, ob ich im Amt bleibe«, erklärte Präsidentin Chandrika Kumaratunga am Mittwoch der vergangenen Woche. In einer privaten Zeremonie hatte sie sich 2000, ein Jahr nach ihrer Wahl, noch einmal vereidigen lassen. Die konservative UNP, die den Premierminister stellt, teilt die Ansicht, dass sich deshalb ihre Amtszeit um ein Jahr, bis 2006, verlängert, jedoch nicht. Kumaratungas eigenmächtige Aktion verschärft die politische Krise und gefährdet die Friedensverhandlungen mit den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE).

Im November riss die Präsidenten drei Ministerposten an sich, weil die UNP ihrer Meinung nach zu kompromissbereit gegenüber den Tigers war. Kumaratungas SLFP hat sich nun auch mit der linksnationalistischen JVP verbündet hat, die jegliche Verhandlungen mit den LTTE ablehnt. Neuwahlen werden nun immer wahrscheinlicher, und der nationalistische Block dürfte mit chauvinistischer Agitation um Stimmen werben. Neben der UNP, die die am Frieden interessierte Geschäftswelt vertritt, hat sich jeoch auch eine aus linken Parteien, NGO und Geistlichen bestehende Friedensbewegung gebildet, die People‘s Peace Assembly. Sie will insbesondere in den nationalistisch dominierten Gebieten die Bevölkerung gegen die Kriegstreiber mobilisieren.

Kalter Tod fürs Vaterland

Russland. Es war der erste Einsatz der Rekruten. In einem Transportflugzeug wurden sie von der Chkalovsky-Luftwaffenbasis nahe Moskau ins ostsibirische Magadan geflogen. Acht Stunden habe das Auftanken in Novosibirsk gedauert, und die Rekruten seien derweil an Bord geblieben, erklärte der Chef der Mobilmachungsabteilung der Armee, Wassilij Smirnow, der Nachrichtenagentur Interfax. Seltsam nur, dass der Moscow Times zufolge 50 Rekruten im Krankenhaus landeten – mit Lungenentzündung oder schwerer Erkältung. Und einer ist daran gestorben. Vadim Schibajew, Sprecher des Inlandsgeheimdienstes FSB, meinte am Donnerstag, vermutlich seien die Rekruten bereits in Chkalovsky krank geworden. Anders erklärte es einer der Rekruten: Raus aus dem warmen Flugzeug und »Stillgestanden!« bei minus 25 Grad. Das härtet ab. Schließlich braucht man keine Weicheier für die harten Aufgaben des Militärs. Nun hat Präsident Wladimir Putin eine Untersuchung der seltsamen Seuche angeordnet.

Wiranto for president

Indonesien. Im Juli sollen die ersten Direktwahlen für das Präsidentenamt in Indonesien stattfinden. Höchste Zeit also, dass sich qualifizierte Bewerber melden. So wie der Vier-Sterne-General Wiranto, der sich am Donnerstag als Kandidat präsentierte. Er ist ehemaliger Armeechef und fungierte bereits unter dem im Mai 1998 gestürzten autoritären Präsidenten Suharto als starker Mann. Die Uno sieht ihn allerdings als einen der Urheber der Massaker und Massenvertreibungen in Ost-Timor im Jahr 1999.

Schlechte Chancen hat Wiranto nicht. Die Popularität der derzeitigen Präsidentin Megawati Sukarnoputri ist beträchtlich gesunken, weil die ökonomische Krise vielen Indonesiern zusetzt; und den teils mächtigen islamischen Organisationen war eine Präsidentin schon immer ein Dorn im Auge.