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Sag niemals nie

Nordzypern. Auf Mehmet Ali Talat, den Vorsitzenden der Türkisch-Republikanischen Partei und Sieger der Parlamentswahlen Mitte Dezember im türkisch besetzten Nordzypern, ist Verlass. Seit Montag vergangener Woche ist er »Ministerpräsident« in einer Koalitionsregierung mit der Demokratischen Partei von Serdar Denktas, dem neuen »Außenminister« und Sohn des »Staatspräsidenten« Rauf Denktas. Sowohl vor wie auch nach den Wahlen in der Republik Nordzypern, die international nur von der Türkei anerkannt wird, hatte es Talat kategorisch ausgeschlossen, »jemals im Leben« eine Koalition mit Serdar Denktas zu bilden. Ebenfalls betonte er, dass, egal mit welcher Partei er zusammenarbeite, Rauf Denktas »auf keinen Fall« weiterhin Verhandlungsführer der türkischen Zyprer bleiben werde. Doch auch dieser unumstößliche Grundsatz hat sich schnell geändert. Denn neben Talat gehört auch Denktas wieder der neuen Verhandlungsdelegation an.

Viele Einwohner des nördlichen Teils scheinen dennoch wenig von der neuen Regierung zu erwarten. Bis zum Ende des vergangenen Jahres beantragten über 125 000 Bewohner des Nordens einen Pass im griechischen Süden. Dort prüfen die Behörden nun, ob es sich wirklich um türkische Zyprioten oder um eingewanderte Türken handelt. Den »echten« Zyprioten wird das begehrte Dokument ausgestellt – bisher schon über 30 000 Stück –, womit sie ab 1. Mai Bürger der EU sind.

Sicher ist sicher

Türkei. »Ich bin sehr, sehr betrübt«, erklärte EU-Kommissionspräsident Romano Prodi am vergangenen Freitag, nachdem das türkische Staatssicherheitsgericht in Ankara erneut die Entlassung von Leyla Zana abgelehnt hatte. Die Politikerin hätte Ende Januar auf Einladung des europäischen Parlaments in Brüssel den Sacharow-Preis, mit dem sie bereits 1995 für ihre Verdienste um die Meinungsfreiheit ausgezeichnet wurde, entgegennehmen sollen. Der Preis hat Zana bisher allerdings nicht viel genützt. Sie wurde 1994 zusammen mit sieben weiteren ehemaligen Abgeordneten der pro-kurdischen Demokratiepartei wegen angeblicher Unterstützung der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) zu 15 Jahren Haft verurteilt und sitzt seitdem im Gefängnis.

Seit mehreren Monaten läuft ein Wiederaufnahmeverfahren, da der europäische Menschengerichtshof 2001 die Verurteilung von Zana und ihren Mitangeklagten als nicht rechtsstaatlich beanstandete. Die Anwälte der Angeklagten haben bereits wiederholt beantragt, sie für die Dauer des Verfahrens aus dem Gefängnis zu entlassen.

Arme Bauern

Italien. Jetzt scheint auch dem italienischen Finanzminister zu dämmern, wie erstaunlich es doch ist, dass in den vergangenen Jahren niemand die Finanzschiebereien im Parmalat-Konzern bemerkt haben will. Giulio Tremonti kritisierte vergangene Woche den Vorsitzenden der italienischen Zentralbank, Antonio Fazio, ungewöhnlich deutlich. Die Bank hätte während ihrer Inspektionen doch etwas Auffälliges bemerken müssen, schimpfte er. Zudem warf er der Behördenaufsicht vor, dass ihre Kontrollen völlig unzureichend gewesen seien.

Derweil beschloss die Regierung am vergangenen Freitag, den etwa 5 000 Bauern zu helfen, die wegen des Zusammenbruchs des Konzerns am Rande des Ruins stehen. Viele warten vergeblich darauf, dass ihre bereits gelieferte Ware noch bezahlt wird. Sie erhalten nun günstige Kredite, um die Einnahmeausfälle auszugleichen. Außerdem sind sie ein Jahr lang von den Sozialversicherungsbeiträgen befreit.

Kunst und Wahnsinn

Schweden/Israel. »Schneewittchen und der Wahnsinn der Wahrheit« heißt die Kunst-Installation, die zu einem diplomatischen Eklat zwischen Schweden und Israel geführt hat. Das Foto einer lächelnden palästinensischen Selbstmordattentäterin ziert dabei das Segel eines Bootes, das auf rot gefärbtem Wasser schwimmt. Nachdem der israelische Botschafter in Stockholm, Zvi Mazel, das Kunstwerk am vergangenen Freitag eigenhändig während einer Ausstellungseröffnung im Hof des Historischen Museums außer Betrieb gesetzt hatte, kündigte das schwedische Außenministerium einen förmlichen Protest an. Mazel hatte zuvor erklärt, das Kunstwerk verherrliche Mord und rufe zu weiteren Terroranschlägen auf. Die auf dem Foto abgebildete Attentäterin hat im Oktober des vergangenen Jahres 21 Menschen mit in den Tod gerissen.

Der aus Israel stammende schwedische Künstler Dror Feiler bestritt die Vorwürfe und warf Mazel seinerseits vor, seine Meinung »im Stil eines Fußball-Randalierers« zu vertreten. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon bekundete inzwischen dem Botschafter seine uneingeschränkte Unterstützung für den Protest als »Aktion gegen den zunehmenden Antisemitismus«.

Schrecklicher Rauch

EU. David Byrne, der in der EU für den Schutz der Verbraucher, also für uns alle, zuständig ist, war früher vermutlich Kettenraucher. Bis er sich das Laster sicherlich qualvoll abgewöhnt hat. Jetzt ist er einer dieser nervigen Menschen, die alle Welt von dem Übel der Qualmerei überzeugen wollen. Allerdings hat Byrne mehr Macht als die Freundin am Kneipentisch. In der vergangenen Woche schlug er vor, das Rauchen in Kneipen und Restaurants völlig zu verbieten. »Es geht um die Frage, ob wir rauchfreie Arbeitsplätze einführen wollen – und das umfasst dann auch Jobs in Bars und Restaurants«, erklärte er der Welt. Byrne erstellt außerdem derzeit eine Datenbank mit schrecklichen Fotos von amputierten Raucherbeinen und von Lungen voller Teer. Diese Bilder würden sich seiner Meinung besonders gut neben den großen Warnhinweisen machen, die auf jeder Zigarettenschachtel abgebildet sein müssen. Bisher soll noch jedes EU-Land selbst entscheiden können, ob es Fotos aus Byrnes Datenbank verwenden will oder nicht.