Nur ein toter Amerikaner

in die presse

Fragen sind bekanntlich erlaubt. »Ist Guantanamo ein Internierungslager für Terroristen – oder das größte KZ der neueren Geschichte?« Man könnte dieses Zitat für eine unschuldige Suche nach einer Antwort halten und glauben, der Autor ließe vielleicht auch die Antwort »Internierungs-« oder gar »Gefangenenlager« gelten.

Tut er aber nicht. Denn er heißt Jürgen Elsässer und in seinem Leitartikel für den Freitag geht es ihm nicht um Kleinkram wie die Beendigung der haltlosen Zustände auf Guantanamo, und KZ der neueren Geschichte interessieren ihn schon gar nicht.

Was ihn derzeit vor allem umtreibt, ist das amerikanische Volk. Er weiß, wie die Yankees zu behandeln sind: »Sie wollen nicht hören. Sie müssen es fühlen.«

An Anlässen für seine Volkserziehung mangelt es ihm nicht. Zum Beispiel haben die Amis den jüngsten Irakkrieg mit einem »Fake wie dem Überfall auf den Sender Gleiwitz« begründet. Zwar findet Elsässer den Beginn des Zweiten Weltkriegs durch die faschistische Wehrmacht immer noch sehr schlimm. Aber was er von dem Staat und der Gesellschaft hält, deren Armee vor etwa 60 Jahren damit beschäftigt war, das in Gleiwitz begonnene Vernichtungsprogramm zu beenden, ist auch nicht viel besser. »Was die Öffentlichkeit wirklich zum Nachdenken gebracht hat, waren nicht die scharfen Analysen aufklärerischer Journalisten oder Wissenschaftler«, was ohnehin nicht so recht seine Baustelle wäre, nein: »Es waren die mörderischen Anschläge irakischer Widerständler.«

Wie ein Enkelkind freut sich Elsässer über den »Blutzoll«, den die Amerikaner im Irak entrichten, denn er weiß doch, dass eine bessere Welt einzig auf Leichenbergen zu errichten ist: »Nur die eigenen Verluste rütteln die Bürger des Imperiums auf.«

Er fasst zusammen: »Deswegen ist ein toter US-Soldat als Argument hundertmal überzeugender als ein noch so kluger Leitartikel.«

Wenn man jedoch einen Elsässerschen Leitartikel mit hundert multipliziert, ergibt dies zum Glück immer noch Null.

martin krauss