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Keine plündernde Vereinigung

Italien. Nun hat es auch ein italienisches Gericht bestätigt: Die Opfer der Polizeiübergriffe in der Diaz-Schule während des G 8-Gipfels in Genua haben sich keines Vergehens schuldig gemacht. Die genuesische Richterin Anna Ivaldi sprach die 93 Gipfelgegner vergangene Woche endgültig frei. Sie waren in der Nacht vom 21. Juli 2001 brutal überfallen, zum Großteil schwer verletzt und verhaftet worden. Ivaldi erklärte, es habe sich erwiesen, dass sie keiner »kriminellen Vereinigung zur Vollbringung von Akten der Verwüstung und Plünderung« angehörten. Schon im Mai mussten die meisten Anklagepunkte fallen gelassen werden. Widerstand gegen die Staatsgewalt war erwiesenermaßen unmöglich und Körperverletzung lag nicht vor, da die beschädigte Weste eines Polizisten sich als gefälschter Beweis herausstellte. Auch die angeblichen Waffen, mehrere Molotow-Cocktails, waren erst von Polizisten in die Schule gebracht worden.

Im März werden weitere 26 Gipfelgegner vor Gericht stehen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen nach Auswertung von Foto- und Videomaterial Verwüstung, Plünderung und Waffenbesitz vor. Ihnen drohen »exemplarische« Strafen von acht bis fünfzehn Jahren. Auch gegen die Ordnungshüter, die an dem Sturm auf die Schule beteiligt waren, und gegen die Verantwortlichen für die schweren Misshandlungen der Verhafteten in der Polizeikaserne Bolzaneto wurde ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Wann es für sie zum Prozess kommt, ist aber noch unklar.

Eine Warnung

Albanien. Am Samstag versuchten zahlreiche Demonstranten, das Regierungsgebäude in Tirana zu stürmen. Sie warfen mit Steinen und Stöcken die Fenster des Regierungssitzes ein und versuchten, in das Gebäude zu gelangen. Die Polizei und die Nationalgarde gaben Warnschüsse mit scharfer Munition ab und vertrieben die Menschen. Im Fernsehen war zu sehen, wie ein Polizist mit einer Kalaschnikow auf eine Frau einschlug.

Mehrere tausend Menschen hatten sich an einer Demonstration der Oppositionsparteien gegen die Regierung von Ministerpräsident Fatos Nano beteiligt. Sie werfen ihr vor, nichts gegen die schlechten Lebensverhältnisse der Bevölkerung zu unternehmen. Über 46 Prozent leben unter der Armutsgrenze. 17 Prozent der Bevölkerung gelten als extrem arm, sie müssen mit einem Dollar pro Tag auskommen. Die Arbeitslosigkeit liegt inoffiziell bei 40 Prozent.

Banden gibt es überall

Frankreich. Ein ungewöhnliches Bild bot sich den Parisern am vergangenen Donnerstag. In der Nähe des Parlaments versammelten sich etwa 1 000 Richter und Anwälte in ihren schwarzen Roben und riefen: »Wir sind alle organisierte Banden!« Daneben wehten die Fahnen der Gewerkschaft CGT, und Linksradikale verteilten Flugblätter gegen Polizeigewalt. Sie alle protestierten gegen eine Gesetzesvorlage des konservativen Justizministers Dominique Perben. Das Gesetz, das Perben als eine »Anpassung des Justizsystems an die neuen Formen der Kriminalität« verteidigt, sieht eine allgemeine Verschärfung des Strafrechts vor und soll in erster Linie für die Verfolgung »organisierter Banden« gelten. Einer der umstrittensten Punkte betrifft die Erweiterung von Polizeibefugnissen, die u.a. eine Ausweitung der Polizeihaft von zwei auf vier Tage, die Überwachung von Schriftverkehr und nächtliche Hausdurchsuchungen vorsehen. Kritiker monieren, dass dadurch die Rechte der Verteidigung ausgehebelt werden. Viele Anwälte befürchten zudem, dass sich aufgrund der vagen Formulierung das Gesetz auf organisierte Kriminalität ebenso anwenden lässt wie auf »lockere Jugendbanden« in den Banlieues.

Alles unter Kontrolle

Frankreich. Um die französische Justiz ging es auch in der Debatte um »die Affäre innerhalb der Affäre«. Die drei Richter, die Ende Januar den UMP-Parteichef Alain Juppé und 30 weitere konservative Spitzenfunktionäre wegen Korruptionsstraftaten verurteilt hatten, wurden nach eigenen Angaben überwacht, bedroht und telefonisch abgehört. Präsident Jacques Chirac, den das Korruptionsverfahren eigentlich an erster Stelle betrifft, der aber von einem Immunitätsgesetz geschützt wird, setzte deswegen gleich drei Kommissionen ein. Die betroffenen Richter haben bereits erklärt, den von Chirac eingerichteten Gremien keine Auskunft erteilen zu wollen. Stattdessen fordern Oppositionsparteien und Gerichtsvertreter, das oberste Standesorgan der Richter einzuschalten, das mit entsprechenden Untersuchungsvollmachten ausgestattet ist. Das wiederum will Chirac bisher vermeiden.

Autoritär am Ende

Lettland. Der lettische Ministerpräsident Einars Repse gilt als autoritärer Knochen, dennoch ist er in der Bevölkerung beliebt. Weniger Sympathie erwarb er sich dagegen bei seinen Koalitionspartnern. Ende Januar verließ die liberale Erste Partei die Regierung. Sie begründete den Schritt mit Repses Führungsstil. Er hatte politische Gegner vor laufender Kamera beleidigt und immer wieder Entscheidungen ohne Rücksprache mit den zuständigen Ministern getroffen. Am Freitag verkündete Repse den Rücktritt seiner Mitte-Rechts-Regierung, die zu diesem Zeitpunkt noch aus drei Parteien bestand. »Es ist nicht mehr möglich, das Parlament zu vernünftigen Entscheidungen zu bewegen«, erklärte er. Besonders ärgerte ihn, dass die Abgeordneten vor zwei Wochen gegen seinen Willen eine Erhöhung der Staatsausgaben beschlossen hatten. Am Tag nach dem Rücktritt der Regierung einigten sich die Erste Partei und die oppositionelle Bürgerpartei auf eine mögliche Zusammenarbeit.

Repse war 14 Monate Regierungschef. Das ist relativ lange für lettische Verhältnisse. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion gab es bereits zehn lettische Regierungen.