Nachrichten

Bruderliebe

Saudi-Arabien/Jemen. Das Bauwerk ähnelt den von Israel errichteten Sperranlagen, und es dient einem ähnlichen Zweck: Es soll das Eindringen von Terroristen und den Waffenschmuggel verhindern. Von einer Apartheid-Mauer möchten die saudi-arabischen Bauherren, die mit einer elektronisch gesicherten Mauer die Grenze zum Jemen abschotten wollen, dennoch nicht sprechen. Schließlich werde die Anlage »innerhalb des souveränen nationalen Territoriums des Königreichs an der Grenze zu unseren jemenitischen Brüdern errichtet«, behauptet Talal Anqawi, Chef der Grenzpolizei. Sein jemenitischer Bruder Sheikh Jabal al-Fara sieht das anders: »Saudi-Arabien hat bereits einen Sicherheitszaun im Jemen errichtet.« Seine 3000 Anhänger im Grenzgebiet seien »jederzeit zum Kampf bereit«, erklärte er der Yemen Times.

Gänzlich unbegründet sind die saudischen Abgrenzungsbemühungen nicht. Auf den Waffenmärkten des Jemen ist bis hin zu kleineren Boden-Boden-Raketen alles zu haben, und die Mehrzahl des bei Anschlägen in Saudi-Arabien verwendeten Kriegsgeräts dürfte tatsächlich im Jemen erworben worden sein. Allerdings ist der Grenzverlauf zum Nachbarland umstritten, und auch die jemenitische Regierung beklagt sich über den Bruch des im Jahr 2000 abgeschlossenen Grenzabkommens.

Demokratie verteidigen

Brasilien. Nachdem der brasilianische Präsident Lula in den ersten dreizehn Monaten seiner Amtszeit nach eigener Einschätzung bereits ein »Wunder« vollbracht hat, mag er sich nun getrost banaleren Dingen zuwenden. Als am vergangenen Mittwoch in Fortaleza eine Kirschtorte den Arbeitsminister Ricardo Berzoini ins Gesicht traf, setzte Lula sich persönlich dafür ein, dass die Bundespolizei die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft ziehen möge.

Berzoini war im letzten Jahr für die Reform des Rentensystems zuständig, und er soll sich nunmehr daran machen, die Beziehungen zwischen Unter- und Arbeitnehmern neu zu ordnen. Politiker jeglicher Couleur sammeln sich nun um den PT-Minister und rufen zur Verteidigung der Demokratie auf. Berzoini fordert, dass die Straflosigkeit bei derartigen Angriffen ein Ende haben müsse. Offenbar hat ihm der Protest nicht geschmeckt. Es geht das Gerücht um, er bevorzuge Schokoladentorten.

Mord in Petersburg

Russland. »Russland den Russen« – dieser Satz ist in vielen Städten des Landes längst lebensbedrohlich geworden für diejenigen, die in der Werteskala der Vollstrecker rassistischen Gedankengutes ganz unten stehen. In der vergangenen Woche geriet in St. Petersburg ein Mann tadschikischer Herkunft mit seiner Tochter und seinem Neffen auf dem Nachhauseweg in einen Hinterhalt. Etwa acht bis zehn mit Ketten, Messern und Baseballschlägern bewaffnete junge Männer prügelten und stachen auf ihre Opfer ein. Die neunjährige Churscheda Sultanowa starb durch den hohen Blutverlust infolge von elf Messerstichen, ihr Cousin und der Vater überlebten den Übergriff mit Kopfverletzungen. Zwar wurde Anklage wegen Mordes erhoben, doch bislang haben die Ermittlungen keine konkreten Hinweise auf die Täter erbracht.

Erst im September vergangenen Jahres überfielen rechte Skins eine Romasiedlung außerhalb der Stadt, ein sechsjähriges Mädchen wurde dabei getötet. Ein Schauprozess soll nun Abhilfe schaffen. Zugleich will die Staatsduma über ein Gesetzesprojekt gegen die Diskriminierung des russischen Volkes diskutieren.

Kandidatur statt Knast

Indonesien. Die Verlesung des Urteils dauerte so lange, dass die meisten der vor dem Gericht protestierenden Studenten schon nach Hause gegangen waren, als ein zufriedener Akbar Tandjung den Gerichtssaal verließ. Die Polizei musste nur noch etwa 1 000 Demonstranten auseinanderprügeln, nachdem der Parlamentssprecher und Parteiführer der Golkar am Donnerstag der vergangenen Woche vom Vorwurf der Korruption freigesprochen worden war. Zwei Instanzen waren zuvor zu dem Schluss gekommen, dass Tandjung knapp fünf Millionen Dollar aus einem Armutsbekämpfungsprogramm unterschlagen hatte. Statt drei Jahre im Gefängnis abzusitzen, kann sich Tandjung nun um die Präsidentschaft bewerben.

Für General Wiranto, der ebenfalls Kandidat der Golkar werden möchte, sind das schlechte Nachrichten, denn Tandjung hat größeren Einfluss in der ehemaligen Einheitspartei des Dikators Suharto. Die Präsidentin Megawati Sukarnoputri dagegen könnte von dem Freispruch profitieren, denn Wiranto gilt als der populärere Gegner. Megawati wird beschuldigt, vom Regime Saddam Husseins Geld genommen zu haben (Jungle World, 7/04). Wiranto muss sich nicht mit Korruptionsvorwürfen auseinandersetzen, wird aber von der Uno der Verbrechen gegen die Menschheit im Osttimorkonflikt angeklagt.

Richter vor Gericht

Kenia. Gladwell Otieno von der NGO Transparency International zweifelt noch am Erfolg des Prozesses. »Sie kennen sich alle. Es sind Kollegen, die übereinander urteilen.« Erstmals musste sich Anfang der vergangenen Woche ein Richter wegen Korruption vor der Justiz verantworten. Der Ausgang dieses Pilotprozesses ist entscheidend für den Erfolg der Antikorruptionskampagne des Präsidenten Mwai Kibaki. Doch nicht alle Politiker dürften ein hartes Urteil wünschen. Denn eine Untersuchung stellte im Januar fest, dass Parlamentsabgeordnete durchschnittlich 200 Euro am Tag ausgeben, obwohl sie im Jahr nur 4 400 Euro verdienen.