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Brit und Pop

Preisvergaben. Natürlich ist es mit den Brit Awards jedes Jahr dasselbe. Gewinnen tun solche Acts, die in der letzten Zeit am meisten Platten verkauft, die größten Skandale produziert oder am präsentesten im beliebten Zeitschriften-Genre »Die Homestory« waren. Überraschungen gab es dementsprechend auch dieses Mal nicht. Klar, dass Justin Timberlake, der bestimmt überschätzteste Popstar der letzten Jahre, nachdem er schon bei den amerikanischen Grammyverleihungen reich beschenkt wurde, Sieger des Abends wurde. Allein dadurch, dass er vor kurzem Janet Jacksons Busen öffentlich enthüllt hatte, war er ja überall im Gerede. Er darf sich nun ab sofort Brit-Award-offiziell »bester internationaler Künstler« nennen, auf dessen Konto das »beste internationale Album« geht.

Wo sich Justin Timberlake herumtreibt, ist Beyoncé Knowles nicht weit, die wie Timberlake die erfolgreich Überlebende einer Teenieband ist. Sie bekam einen Award als beste Künstlerin.

Pommes zum Sprayen

Diäten. Ist das jetzt Wissenschaft oder Punk? Auf jeden Fall ist es sehr geschmackvoll, was sich eine Forscherin aus den USA für den moppeligen Teil der Menschheit ausgedacht hat: Statt schleimiger Schokolade und Pommes sollen sich Diätwillige mit Geruch und Geschmack der leckeren Dickmacher begnügen. »Einmal Pommes-Spray, bitte!« – »Für mich ’ne Munddusche Schokodrops!« So sollte es funktionieren. Doch die Probanden der Studie wollten nicht so richtig mitziehen und hatten trotz kalorienfreier Lecker-Sprays weiterhin einen unbändigen Appetit auf ihre Lieblingsspeisen. Dazu der Experten-Kommentar von Riechforscher Hanns Hatt: »Zu den Chips gehört wohl auch das Knacken und das Fett auf der Zunge.«

Killerfisch in London

Tier und Mensch. Baden will in der Themse ja eh niemand, dennoch dürfte es die Londoner verschreckt haben, dass aus der Themse einer dieser gefürchteten Piranhas gezogen wurde, dessen eigentliche Heimat der brasilianische Amazonas ist. Die Besatzung eines an der Themse liegenden Bootes hatte den circa zehn Zentimeter großen Fisch an Deck gefunden. Vermutet wird, dass er einer Möwe aus dem Schnabel gefallen ist. Wahrscheinlich hatte jemand den Piranha in der Themse ausgesetzt.

Wein doch, Christoph!

Theater. Für das, was Christoph Schlingensief so macht, interessiert man sich im Normalfall nicht mehr so wirklich. Man kriegt es aber trotzdem immer wieder mit, weil Schlingensief es mit jeder seiner Aktionen schafft, mediale Aufmerksamkeit zu erregen, was für ihn eine Art Lebenselixier sein dürfte. Aktuell hat er in Zürich irgendein Porno-Theater-Performance-Tralala inszeniert. Bestimmt höchst schockierend das Ganze, allein, so richtig wollten sich die Züricher nicht provozieren lassen. Sie gingen rein ins Theater und wieder raus.

Glücklicherweise passierte dann doch noch etwas Unerhörtes. Teile der Schlingensief-Crew feierten eine Party, eine Spitzenparty, die so gut war, dass die Nachbarn diese Veranstaltung nicht mehr gutheißen konnten und Anzeige wegen Lärmbelästigung erstatteten. Die Polizei schaute vorbei und es kam wohl zu dem, was wir alle aus leidigen Selbsterfahrungen kennen: Die Bullen machten aus einer rauschenden Nacht eine tote Nacht, sie lösten die Zusammenkunft in null Komma nichts einfach auf.

So etwas ist nicht schön, natürlich nicht, so etwas ist sogar äußerst ärgerlich. Dennoch ist die Reaktion Schlingensiefs auf das Vorgehen der Zürcher Polizei ganz und gar nicht verständlich. Er beschuldigte das Züricher Schauspielhaus, zu wenig dafür getan zu haben, dass Schlingensief und Freunde vor polizeilichen Spaßkillern geschützt werden. Und zur Strafe hat er nun die letzten, noch ausstehenden Vorstellungen von »Attabambi-Pornoland« (ein Stück, das solch einen Namen benötigt, kann einfach nicht gut sein) gecancelt. Einfach so. Ätsch bätsch, Züricher, der Schlingensief ist jetzt beleidigt und feiert weiter, aber ohne euch.

Der Mitmacher

Jean Rouch ist tot. Wenn der Mensch merkt, dass er gefilmt wird, neigt er dazu, sich nicht mehr ganz »natürlich« zu verhalten, er beginnt, sich als Objekt der Kamera wahrzunehmen. Diesen Effekt nutzte Jean Rouch, einer der Wegbereiter der Nouvelle Vague, für seine Form von Kino. »Cinéma Vérité« nannte er diese Technik, mit der er vor allem als ethnografischer Filmemacher Furore machte. Viele seine Filme drehte der 1917 in Paris geborene Regisseur in Westafrika, die meisten davon sind dokumentarisch. Rouch interessierte es nicht, Realität abzubilden, sondern eine eigene Realität zu kreieren. In der bewussten Konfrontation mit »dem Anderen« liegt der Reiz seines Kinos, der Filmemacher steht nicht mehr außerhalb, sondern ist Teil der Inszenierung. Letzte Woche ist Jean Rouch bei einem Autounfall in Niger 88-jährig tödlich verunglückt.

Kaiser Franz

Pop. Die Platte, die uns diese Woche ganz bestimmt am meisten interessiert, kommt von einer Band aus Schottland, die sich Franz Ferdinand nennt. Nicht jeder darf sich so einen Bandnamen zulegen. Ihr Debüt ist eben erschienen und schon ist die Rede davon, dass diese Platte zur Sensation des Jahres werden könnte. Weil diese Band aus dem Nichts kommt, ihre Platte auf einem Indie-Label erschienen ist und weil sie einen ersten Song daraus, einen äußerst sperrigen noch dazu, bereits in die Top Ten Englands schieben konnte. Natürlich meint man beim Hören von Franz Ferdinand nicht gerade selten, es mit einem Strokes-Klon zu tun zu haben. Doch anders als deren letzte Platte, der bestimmt am wenigsten nachvollziehbaren Hype-Platte des letzten Jahres, klingt bei Franz Ferdinand alles noch wirklich frisch, kantig, ungestüm. Und das trotz des Artschool-Backgrounds der Band. Natürlich kann man jetzt mal wieder sagen: alles schon gehört, und erneut fragen: Wo ist das Neue? Doch mit diesen Einwänden kommt man auch nicht weiter. Rock kann heute wieder Spaß machen, mehr wollen Franz Ferdinand gar nicht beweisen. Mehr wollen wir auch gar nicht bewiesen bekommen.