Der Nervenarzt

ich-ag der woche

Das ist Chefarzt Johann Nusser vom Klinikum Passau, der für Narkosen und Pressekonferenzen zuständig ist und in den vergangenen Tagen alle Hände voll zu tun hatte. Dabei hätte es eine ganz normale Woche werden sollen. Aber was heißt schon normal, wenn man in einem Unfallkrankenhaus arbeitet? Als sich das Teen-Idol Daniel Küblböck (»You drive me crazy«) an diesem Dienstagmittag hinters Steuer eines blauen Opel setzte, war das Schicksal von Chefarzt Johann Nusser jedenfalls besiegelt. Narkosen und Pressekonferenzen … Denn der Fernsehstar (»Ich lebe meine Töne«), der gar keinen Führerschein hat, war mit dem Astra so mächtig überfordert, dass er in den nächstbesten Gurkenlaster bretterte (»Oops«). Gurken- und Brillengläser gingen zu Bruch, und der Astra wurde derartig zusammengefaltet, dass der verletzte Sänger (»Ich bin ein Star, holt mich hier raus«) von der Feuerwehr geborgen werden musste. Seitdem muss Chefarzt Johann Nusser aufgeregten Journalisten Sätze wie »Sein Allgemeinzustand ist stabil« und »Herr Küblböck wird eine Stützkrause um den Hals tragen müssen« in die Mikrofone sprechen. Dann muss er noch ganz genau die Art der Schulterverletzung erläutern und erklären, dass die Schmerzmittel des Promi-Patienten stark und dessen Schuldgefühle groß sind.

Was dann in dem in sich gekehrten Chefarzt vorgeht, was er denkt und wie er fühlt, wenn er den zur größten Nervensäge Deutschlands gewählten Küblböck (»The lion sleeps tonight«) mit chemischen Keulen in den Tiefschlaf versetzt, weiß nur Chefarzt Johann Nusser allein. Wahrscheinlich das, was alle denken würden: »Endlich schläft die Nervensäge.«

heike runge