Nachrichten

Ende der Schonzeit

Pakistan/Afghanistan. Zwei Jahre lang gab es keine ernsthaften Anstrengungen, Ussama bin Laden zu fassen. Nun aber haben auf beiden Seiten der Grenze groß angelegte Militäraktionen begonnen. Das Operationsgebiet der al-Qaida und der Taliban ist eingekreist, der Ring soll nun immer enger gezogen werden, bis den Flüchtigen kein Rückzugsgebiet mehr bleibt.

Hintergrund des plötzlich erwachten Eifers dürfte nicht in erster Linie George W. Bushs Wunsch sein, einen unfreiwilligen Helfer in seinen Wahlkampf einzuspannen. In Afghanistan hat die Regierung die Kontrolle über mehrere Distrikte verloren. Wenn die dort stationierten US-Truppen nicht offensiver gegen die islamistischen Kämpfer vorgehen, droht eine weitere Destabilisierung. Vor allem aber hat sich der pakistanische Militärherrscher Pervez Musharraf nach langem Zögern dazu durchgerungen, die Konfrontation mit den Stammesführern in den weitgehend autonomen Grenzgebieten zu wagen, und damit erst die Möglichkeit für die Suche nach bin Laden geschaffen. Bei der ersten Konfrontation gab es in der vergangenen Woche angesichts der von Artillerieeinheiten und Kampfhubschraubern unterstützten Übermacht keine Gegenwehr, nahe der pakistanischen Stadt Wana wurden 20 Verdächtige verhaftet.

Staatsvendetta

Südkorea. Ab Anfang März will das südkoreanische Justizministerium zusammen mit der Nationalen Polizeibehörde gemeinsame Anstrengungen unternehmen, »illegale« Immigranten aus Südkorea zu entfernen. Das hat Lim Chae-lim, ein Offizieller aus dem Justizministerium, in einem Interview mit der Korea Times frohgemut angekündigt. »Die Absicht der Razzia ist es nicht, jeden migrantischen Arbeiter ohne Dokumente aus dem Land abzuschieben, sondern dem Rest eine Warnung zukommen zu lassen. Auch wenn wir nur einige Zehntausend erfolgreich ergreifen, wird dies den übrigen 110 000 eine Warnung sein.«

Deshalb ist auch die Gewerkschaft der »Illegalen«, ETU-MB, weiteren Repressalien unterworfen. Bereits Mitte Februar wurde der Vorsitzende des ETU-MB-Emergency Struggle Teams, Samar Thapa, in Seoul festgenommen und in Yesou, 400 Kilometer südlich von Seoul, inhaftiert. Nach Angaben der ETU-MB befindet er sich mit weiteren 18 inhaftierten Migranten im Hungerstreik.

Säubernde Mönche

Sri Lanka. Wenn Geistliche regieren wollen, führt das meist zu einer Katastrophe. Auch die in der vergangenen Woche verkündete Entscheidung der JSS, der bedeutendsten Organisation buddhistischer Mönche in Sri Lanka, sich an den Wahlen Anfang April zu beteiligen, verheißt nichts Gutes. Denn Verhandlungen mit der tamilischen Guerillaorganisation LTTE lehnen die als National Sinhala Heritage antretenden religiösen Nationalisten ab. Ihr Generalsekretär Uduwe Dhammaloka will das Land »säubern« von Politikern, die »die Rechte der buddhistischen sinhalesischen Mehrheit unterminieren, um die LTTE an den Verhandlungstisch zu bringen«, und fordert einen »buddhistischen Einheitsstaat«.

Nationalistische Mönche haben in der Vergangenheit immer wieder sinhalesische Mobs bei Angriffen auf die hinduistische tamilische Minderheit angeführt. Bereits das Bündnis der SLFP, die die Präsidentin stellt, mit der rassistischen JVP hatte Befürchtungen aufkommen lassen, der Wahlkampf werde zu Gewalttaten führen und den Friedensprozess mit der LTTE gefährden.

Gay Arabia

Saudi-Arabien. »Ich fühle mich überhaupt nicht unterdrückt.« Für einen Homosexuellen in einem Land, in dem »Sodomie« mit dem Tode bestraft werden kann, ist das eine überraschende Aussage, aber seinen Namen mochte der 23jährige dem Reporter des britischen Independent dann doch nicht nennen. Doch selbst der berüchtigten Religionspolizei fehlen die Mittel zur Kontrolle der lebhaften Szene von Homosexuellen, die sich in dem Land mit der strengsten fundamentalistischen Gesetzgebung im Untergrund etabliert hat.

Im Bündnis mit Freunden im Ausland sind die Homosexuellen sogar eine pressure group geworden. Nach Protesten vor allem aus den USA gab das um seinen Ruf besorgte Königshaus den zuvor gesperrten Zugriff auf die Webseite GayMiddleEast.com wieder frei. Dort berichten Homosexuelle, dass sie bei »ausreichender Vorsicht« nicht gefährdet seien. Die meisten fürchten die Reaktion der Familie mehr als die Repression des Staates. Eine konsequentes Durchgreifen würde das Land enthaupten, meint der 25jährige Fahed: »Es ist allgemein bekannt, dass mehrere Mitglieder der königlichen Familie schwul sind.«

Protest gegen Rassismus

Russland. Mit einem Messer attackierte ein afrikanischer Student am vergangenen Mittwoch in der zentralrussischen Stadt Woronesch eine russische Kommilitonin. Die junge Frau wurde mit Stichverletzungen ins Krankenhaus eingwiesen. Die Attacke war offenbar eine affektbeladene Reaktion auf die Ermordung des afrikanischen Studenten Amaru Antonio Lima durch faschistische Skinheads wenige Tage zuvor. Aus Protest gegen die sich häufenden rassistischen Übergriffe in Woronesch blieben mehrere hundert ausländische Studenten dem Seminarbetrieb für zwei Tage fern. Sie bekundeten, in den Hungerstreik treten zu wollen, sollte die Polizei weiterhin nichts zum Schutz ihres Lebens unternehmen.

Durch organisierte Übergriffe paramilitärisch-faschistischer Trupps kamen in den letzten Jahren dutzende Migranten ums Leben. Militante faschistische Gruppierungen wie die Russische Nationale Einheit dominieren in etlichen russischen Städten die jugendliche Subkultur und die örtliche Politik.