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Auf freiem Fuß

Frankreich. Cesare Battisti ist frei. Der 49jährige Krimiautor und ehemalige Militante der italienischen radikalen Linken in den siebziger Jahren muss sich zwar weiterhin einmal pro Woche bei der Polizei melden und darf das französische Staatsgebiet nicht verlassen, aber er wurde aus der Haft entlassen. Nachdem er am 10. Februar festgenommen worden war, wurde er am Mittwoch voriger Woche dem Untersuchungsgericht im Pariser Justizpalast vorgeführt.

Dort herrschte großer Andrang. Neben Freunden und Angehörigen Battistis, von denen einige aus Italien angereist waren, waren auch mehrere sozialistische, kommunistische und grüne Pariser Stadtverordnete zu dem Prozess erschienen. Die drei Richter befanden, die Situation rechtfertige nicht, Battisti in Haft zu behalten, um ihn daran zu hindern, sich einer drohenden Auslieferung durch Flucht zu entziehen. Über die Rechtmäßigkeit der Auslieferung wird das Gericht am 7. April befinden.

Beschränkte Erweiterung

Ungarn. Wie du mir, so ich dir, dachte sich wohl die ungarische Regierung und verkündete vergangene Woche Zugangsbeschränkungen für Arbeitnehmer aus den alten EU-Staaten. Für sie sollen die gleichen Beschränkungen gelten wie für Ungarn im jeweiligen EU-Land. Das bedeutet, dass der Arbeitsmarkt bis 2009 für Arbeitssuchende aus den meisten Ländern der alten EU gesperrt wird.

Alle EU-Länder außer Irland haben derartige Restriktionen angekündigt. Etwas hilflos mutet der Plan der ungarischen Regierung zwar an, andererseits dürfte ein Land wie Ungarn mit einer Arbeitslosenquote von nicht mal sechs Prozent, steigenden Löhnen und einer florierenden internationalen Wirtschaft auch für Arbeitnehmer aus Westeuropa interessant sein. Zudem arbeiten in internationalen Konzernen oftmals Fachkräfte, die nicht aus Ungarn kommen. Was bedeuten könnte, dass das Land durchaus Druckmittel gegen die Zugangsbeschränkungen in der alten EU in der Hand hat. Regierungssprecher Zoltan J. Gal erklärte, man wolle noch bis zum Beitrittstermin am 1. Mai verhandeln, um eine Lockerung der angekündigten Beschränkungen zu erreichen.

Gefällter Wohlstand

EU-Erweiterung. Die Griechen können sich freuen, bald sind sie nicht mehr die Ärmsten in der EU. Mit der Erweiterung kommen einige Länder hinzu, in denen es der Bevölkerung wirtschaftlich noch viel schlechter geht.

Eine Untersuchung der EU-Kommission zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen hat die Erkenntnis zu Tage gefördert, dass mit der Erweiterung das Wohlstandsgefälle innerhalb der EU noch weiter anwachsen wird. An der Spitze ändert sich zwar nichts, aber die unteren Plätze werden neu vergeben. Luxemburg bleibt der reichste EU-Staat mit einer Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung, die 2,8 Mal so hoch ist wie in Griechenland und 6,5 Mal so hoch wie in Lettland. Der durchschnittliche Netto-Verdienst beträgt in Lettland 200 Euro im Monat. Vor allem den Rentnern geht es schlecht. Im Durchschnitt müssen sie mit 100 Euro im Monat auskommen.

Alle verboten

Italien. »Uomo e Libertá« (»Mann und Freiheit«) heißt eine Organisation, die am vergangenen Samstag in Rom demonstrieren wollte. Dabei handelte es sich aber nicht um eine Gegendemo zum internationalen Frauentag, sondern um eine faschistische Kundgebung für die Begnadigung des in Italien verurteilten NS-Verbrechers Erich Priebke. Der ehemalige SS-Offizier wurde 1998 wegen seiner Beteiligung an dem Massaker in den Ardeatinischen Höhlen bei Rom im Jahr 1944 zu lebenslanger Haft verurteilt. 335 Zivilisten wurden damals auf Priebkes Befehl ermordet.

Nicht nur neofaschistische Gruppierungen wie Forza Nuova, sondern auch Abgeordnete der rechten Regierungsparteien Forza Italia und Alleanza Nazionale plädieren seit Jahren für die Begnadigung des Kriegsverbrechers, der heute unter Hausarrest lebt. Doch zur Demonstration kam es nicht. Der Bürgermeister von Rom, Walter Veltroni, gab den Faschisten nicht die Erlaubnis zur Benutzung des öffentlichen Grundes. Als die jüdische Gemeinde in Rom und andere Gruppierungen wie die Organisation der ehemaligen Partisanen, die Grünen, die Kommunisten und No-Globals ihre Absicht verkündeten, eine Gegendemonstration am gleichen Ort abzuhalten, verhängte die Präfektur aufgrund »ernsthafter Bedrohungen für die öffentliche Ordnung« auch über diese ein Verbot.

Nein zu Annan-Plan

Türkei. Der türkisch-zyprische Volksgruppenführer Rauf Denktasch hält ein Abkommen mit den Zypern-Griechen über eine Wiedervereinigung bis Mai 2004 für unrealistisch. Ohne eine Überarbeitung drohe der Annan-Plan, die türkische Gemeinschaft auf Zypern in eine Minderheit zu verwandeln und schließlich »auszulöschen«, sagte Denktasch bei einer Zypern-Konferenz in Ankara am vergangenen Donnerstag. Er kündigte an, er werde die türkischen Bürger in Nordzypern zur Ablehnung des UN-Wiedervereinigungsplans auffordern, sollten die Verhandlungen mit den Zypern-Griechen scheitern.

Seit 1974 ist der Nordteil der Insel, die am 1. Mai 2004 der EU beitreten wird, von der Türkei mit 40 000 Soldaten militärisch besetzt. Seitdem haben sich mehr als 110 000 Türken auf Nordzypern angesiedelt. Die Verhandlungen stehen unter Zeitdruck, denn Ende April soll nach dem UNO-Plan auf Zypern ein Referendum über die Wiedervereinigung stattfinden. Falls es bis zum 1. Mai nicht zu einer politischen Einigung kommt, würde die Türkei zur Besatzungsmacht in einem zur EU gehörenden Gebiet.