Der Umstürzler

ich-ag der woche

In der guten alten Zeit, als die gesellschaftliche Emanzipation international nicht mehr aufzuhalten schien, zog Régis Debray mit Che Guevara durch Bolivien, um der Herrschaft der Oligarchie dort den Garaus zu machen. Noch heute ist Debray internationalistisch tätig.

Allerdings im Auftrag des französischen Staates. Er ist dem seit Februar exilierten Präsidenten Haitis, Jean-Bertrand Aristide, auf den Schlips getreten. Der hat Mitte vergangener Woche durch seine Anwälte in den USA und Frankreich ankündigen lassen, wegen »Entführung und Freiheitsberaubung« diverse Personen belangen zu wollen. Darunter den französischen und den US-Botschafter in Haiti. Und Régis Debray. Sie alle hätten Druck auf Aristide ausgeübt, als Präsident zurückzutreten.

Debray war im vergangenen Jahr an einem parastaatlichen »Unabhängigen Komitee für Reflexion und Vorschläge zu den französisch-haitianischen Beziehungen« beteiligt, das Haiti zweimal bereiste. »Während eines Interviews in Port-au-Prince im Dezember«, schrieb Le Monde, »hat Régis Debray Jean-Bertrand Aristide lebhaft geraten, die Macht aufzugeben, um sein Leben und das seiner Familie zu retten.« Das wies Aristide zurück.

Bei Haitis ehemaliger Kolonialmacht Frankreich hatte sich Aristide unbeliebt gemacht, weil er Entschädigungen für Sklaverei verlangte – etwa 20 Milliarden Dollar.

»Der Franzose hat zu viel geredet«, zitierte ein haitianischer Radiosender süffisant aus Che Guevaras »bolivianischem Tagebuch«. »Ein weiteres Mal hat Régis Debray eine Gelegenheit zu schweigen verpatzt!«

carlos kunze