Geist ohne Arbeit

ich-ag der woche

»Sein Tag beginnt um 3.30 Uhr, endet um neun Uhr abends. Er macht nie Urlaub. Er bekommt kein Gehalt. Und dennoch: Er lächelt immer.« So beschreibt die Bild-Zeitung ihrer erwerbstätigen Leserschaft den Dalai Lama, dessen Name »Ozean der Weisheit« bedeutet und der nun auch ein Buch geschrieben hat. In Bild kann man derzeit nachlesen, was in den »Glücksregeln für den Alltag – Happiness at work« alles so steht. Etwa zum Thema Arbeit.

»Wenn am Arbeitsplatz Ungerechtigkeit und Ausbeutung herrscht, dann sollte man sich auflehnen! Den Versuch machen, die Umstände zu ändern!« Wem dieser Ratschlag zu allgemein gehalten ist, dem gefallen vielleicht die konkreten Vorschläge des Dalai Lama noch besser: »Wenn ein Chef den Leuten so viel zu tun gibt, dass es ihre Kapazitäten übersteigt, dann sollten sie sagen: ›Das ist zu viel Arbeit für mich‹ und versuchen, das Pensum zu reduzieren. Wenn das nichts fruchtet, dann müssen sie sich vielleicht nach einer anderen Arbeit umsehen.« Tja, wenn die Arbeiter der Welt das mal früher gewusst hätten! Die Oktoberrevolution in Russland? Ein anderer Job hätte es auch getan!

Da all diese Einsichten im Alltag nicht sofort zum Seelenheil führen, sollte man sich wenigstens vor Augen halten, »wie glücklich man sich schätzen kann, überhaupt Arbeit zu haben«. Aber dieses Glück bleibt dem selbstlosen Dalai Lama leider vorenthalten. Denn wer nie Urlaub macht und kein Gehalt einstreicht, der arbeitet in der Regel auch nicht. Om. Und lächeln.

josé maragosa